top of page

Deutschland und Polen vom 3.9.2020 – 14.10.2020

Während sechs Wochen sind wir 5700 Kilometer durch den Osten Deutschlands und Polens

gereist und haben insbesondere Polen als ein lohnenswertes Reiseland mit vielen Sehenswürdigkeiten, netten und hilfsbereiten Menschen, sowie einer vielseitigen, oft naturbelassenen, Landschaft kennengelernt.

​

 

​

Donnerstag, 03.09.2020

Othmarsingen – Kirchberg an der Jagst, 338 Km

​

Eigentlich haben wir geplant, den Herbst in Südwestfrankreich zu verbringen um den Sommer etwas zu verlängern. Allerdings ist die Corona-Situation zu Zeit so, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass Frankreich auf der roten Liste landet. Das hätte zur Folge, dass wir uns bei der Rückkehr in Quarantäne begeben müssten.

Wir haben deshalb umdisponiert und haben uns entschlossen in den Osten Deutschlands und eventuell weiter nach Polen zu reisen.

​

Wir sind schon einige Tage dabei, unser Brummsli reisefertig zu machen. Der Stauraum ist bis zu Decke gefüllt mit allerhand an Ausrüstung. Auch Lebensmittel für die ersten Tage, Mineralwasser und Wein haben wir gebunkert (fast wie die Holländer).

​

Heute verladen wir noch die Velos, füllen den Frischwassertank auf und gehen die Checkliste nochmals durch, ob wir auch wirklich nichts vergessen haben. Jetzt warten wir nur noch auf den Pöstler. Wir haben nämlich die Abstimmungsunterlagen für die Volksabstimmung von Ende September noch nicht erhalten. Wir möchten unbedingt unsere Stimme zu den wichtigen Vorlagen Zuwanderungsinitiative, Kampfflugzeugbeschaffung und dem Vaterschaftsurlaub abgeben. Ich habe gestern bei der Post nachgefragt, und mir wurde versichert, dass die Unterlagen heute zugestellt werden sollten.

​

Wir müssen uns allerdings in Geduld üben, denn die Pöstlerin kommt erst kurz vor 14 Uhr und leider ist nur das Stimmcouvert von Elsbeth im Briefkasten.

​

Schnell sind die Stimmzettel ausgefüllt und parat zur Rücksendung. Dann geht es endlich los. Wir wollten ursprünglich bis nach Nürnberg fahren, sind jetzt allerdings ziemlich spät dran. Wir fahren auf der Autobahn nach Schaffhausen, überqueren die Grenze und düsen weiter vorbei an Stuttgart in Richtung Nürnberg. Der Verkehr ist zwar recht dicht, trotzdem kommen wir gut voran, entschliessen uns aber gegen 18.00 einen kostenlosen Wohnmobilstellplatz in Kirchberg an der Jagst anzusteuern. Eine Strassensperrung zwingt uns allerdings wieder zu Umwegen, schliesslich erreichen wir aber das historische Städtchen, welches hoch über der Jagst liegt.

Der Stellplatz ist schon gut belegt, für unser Brummsli gibt es aber noch ein Plätzchen. Der Platz ist recht abschüssig, deshalb müssen wir wieder einmal unsere Hebekissen nutzen um das Niveau auszugleichen. Nach dem Nachtessen (wie immer am ersten Ferientag gibts Spaghetti Bolognaise, welche wir vorbereitet mitgenommen haben) machen wir einen Spaziergang ins hübsche Städtchen. Dieses liegt an einem Übergang an der Jagst, früher eine Furt, nachher eine Fünfbogenbrücke und ist von einer Stadtmauer umgeben. Das Schloss der Fürsten von Hohenlohe wird heute als Restaurant und Hotel genutzt.

​

Im Städtchen kommen wir mit einem jungen Mann ins Gespräch, der uns erzählt, dass das Schloss lange leer stand, da es angeblich mit einem Fluch belegt war. Das Gebäude wurde dann von einer Vereinigung von Biobauern übernommen, die es zuerst als Flüchtlingsunterkunft genutzt haben. Mit dem Erlös für die Betreuung der Flüchtlinge konnte das Schloss restauriert werden und beherbergt jetzt ein Hotel, ein Restaurant und Seminarräume.

 

 

Freitag, 04.09.2020

Kirchberg an der Jagst – Nürnberg, 109 Km

​

Heute werden wir früh durch den Verkehr auf der nahen Strasse geweckt und sind deshalb recht früh dran. Noch schnell den Abwassertank leeren und dann geht es los in Richtung Nürnberg, so glauben wir wenigstens. Wir haben uns entschlossen, die Autobahn zu meiden und fahren gemütlich auf wenig befahrenen Nebenstrassen in Richtung Osten, werden dann aber stutzig, als uns das Navi südlich an Nürnberg vorbeiführt. Unser Ziel, der Wohnmobilstellplatz beim Volkspark Marienberg liegt nämlich im Norden der Stadt. Die Überprüfung der Koordinaten zeigt, dass da etwas nicht stimmen kann. Schnell korrigieren wir die Eingabe und fahren wieder zurück, durchqueren Nürnberg und erreichen schliesslich unser Tagesziel. Es gibt noch genügend freie Plätze auf dem kostenlosen Übernachtungsplatz, der gleich bei einem der Eingänge zum riesigen Park (120 Hektaren) liegt. Dieser ist durchzogen von Spazier- und Radwegen. Bietet Bereiche für Fuss-, Basket- und Volleyball. Andere Teile sind als Hundezone gekennzeichnet, auf denen sich die Vierbeiner austoben können. Auch Fitnessgeräte, ähnlich einem Vitaparcours, Kinderspielplätze, Grillzone und ein grosser Teich dürfen nicht fehlen.

​

Wir wollen zuerst die Stadt erkunden und nehmen den Bus an der nahen Haltestelle. Erstaunlicherweise gibt es weder an der Busstation, noch im Bus selber die Möglichkeit ein Ticket zu lösen, dies ist gemäss Fahrer nur an den Endhaltestellen und U-Bahnstationen möglich. Wir fahren daher «schwarz» bis zur Endstation «Heilig-Geist-Spital».

Zuerst besuchen wir die nahe Frauenkirche, die um 1350 – 1358 erbaut wurde. Auf dem Marktplatz vor der Kirche wird ein Jahrmarkt abgehalten, so dass der reich verzierte «schöne Brunnen» gar nicht richtig zur Geltung kommt. Vorbei am Rathaus erreichen wir die St. Sebald Kirche. Auch diese ist, wie die Frauenkirche, mit Schnitzereien und bunten Glasfenstern verziert. Vorbei an alten Fachwerkhäusern gehen wir in Richtung Burghügel mit der mächtigen Kaiserburg, in deren Nähe auch das Albrecht-Dürer-Haus mit Museum liegt.  Am Platz beim Tiergärtnertor gönnen wir uns ein Glas fränkischen Rosé bevor wir zur Burg aufsteigen, an der zurzeit umfangreiche Bauarbeiten ausgeführt werden. Es ist gar nicht so einfach ein paar Fotos zu machen, ohne dass Baugerüste, Maschinen oder Container das Bild dominieren.

​

Danach folgen wir der Stadtmauer, überqueren die Pegnitz auf dem Kettensteg, angeblich die älteste erhaltenen eiserne Kettenbrücke Kontinentaleuropas. Am Henkersteg liegt auch das Henkerhaus, welches ausserhalb der Stadtmauer errichtet wurde, da niemand neben dem Henker wohnen wollte.

​

Schliesslich gehen wir wieder zurück zur Busstation. Hier können wir die Fahrkarte für die Rückfahrt lösen. Da wir auch Morgen nochmals in die Stadt möchten, kaufen wir gleich eine Mehrfahrtenkarte. Eine ältere Frau mit Rollator beklagt sich bei uns über die Unfreundlichkeit der Busfahrer, da ihr dieser beim Einsteigen nicht behilflich sein wollte. Wir übernehmen deshalb dies Aufgabe und ernten ein herzliches Dankeschön.

​

Wir sitzen beim Nachtessen vor unserem Wohnmobil. Der nahe Parkplatz füllt sich zusehends mit Hündelern, Joggern oder Leuten die ein Picknick abhalten und das Wochenende geniessen wollen. Ein älterer Herr, der auf dem Weg zum Lauftreff ist, erzählt uns, dass er nächstes Jahr in die Schweiz fahren wird, um in Täsch die Ferien zu verbringen. Er war schon vor 30 Jahren mit seiner Frau dort und hat im gleichen Hotel gebucht wie damals.

Auch wir unternehmen am Abend noch einen ausgedehnten, über einstündigen, Spaziergang durch den Park.

 

​

Samstag, 05.09.2020

Ein weiterer Tag in Nürnberg

​

Heute spazieren wir nach dem Frühstück nochmals im Park. An einer ruhigen Ecke bei Marienhügel haben wir schon gestern einen Feldhasen beim Fressen beobachtet. Und auch heute sitzt er wieder am Waldrand. Ich nähere mich vorsichtig mit dem Fotoapparat im Anschlag als er mich bemerkt und davonhoppelt.

​

Nach dem Spaziergang nehmen wir wieder den Bus ins Zentrum, heute auch ohne schlechtes Gewissen, denn heute haben wir ein Ticket. Von der Endstation schlendern wir über die Museumsbrücke auf die andere Flussseite. Die Fussgängerzone ist, wie schon gestern, von unzähligen Marktständen gesäumt an denen Früchte, Gemüse und auch ganze Kisten voll Steinpilzen und Pfifferlingen (angeblich aus Bayern) angeboten werden.

​

Wir machen einen Abstecher in die St. Lorenz Kirche, welche im 13. Jahrhundert erbaut, im 2. Weltkrieg zerstört und danach wiederaufgebaut wurde. Auch jetzt ist der grösste Teil des Kirchenschiffes hinter Baugerüsten versteckt und wird erneut in Stand gestellt.

​

Weiter spazieren wir zum Frauentorturm mit dem Handwerkerhof und gleich nebenan einem Skulpturenpark. Schliesslich erreichen wir wieder den Henkersteg über die Pegnitz und schliesslich die Busstation.

​

Im Volkspark herrscht heute Hochbetrieb überall sitzen Menschen zusammen und grillieren. Besonders auffällig ist eine Ansammlung von vermutlich über Hundert Afrikanern, die in ihren bunten Kleidern feiern (Corona lässt grüssen).

​

Wir machen nach dem Nachtessen nochmals einen Verdauungsspaziergang im Park und lassen den Abend im Liegestuhl vor unserem Brummsli ausklingen.

 

 

Sonntag, 06.09.2020

Von Nürnberg über Bamberg nach Eisenach, 217 Km

​

Den ersten Halt machen wir heute in Bamberg. Wir parkieren am Ufer des Main-Donau-Kanals, da in Bamberg selber das Parkieren für Wohnmobile meistens verboten ist. Es steht uns darum ein Spaziergang von etwa 3 Kilometern durch den Bürgerpark Luisenhain bevor. Es handelt sich wie beim Volkspark in Nürnberg um eine weitläufige, von Spazier- und Radwegen durchzogene, meist bewaldete Parkanlage auf einer Insel in der Regnitz.

Schon bald erreichen wir die ersten Häuser der Altstadt, einer der wenigen, die im 2. Weltkrieg nicht zerstört und danach rekonstruiert werden musste. Wir steigen hinauf zum markanten Kaiserdom mit den vier Türmen. Die ganze Domanlage ist riesig und umfasst neben dem Dom die Residenz des Fürstbischofs mit Rosengarten, eine Domschule, umfangreiche ehemalige landwirtschaftliche Gebäude und vieles mehr.

​

Da der Dom wegen einer Messe noch bis 13.00 Uhr geschlossen ist, marschieren wir noch auf den Nachbarhügel mit dem Kloster und der Kirche St. Michael. Von dort bietet sich ein schöner Blick auf die Altstadt und den Dombezirk.

​

Danach können wir den Bamberger Dom betreten. Das Grab von Papst Clemens dem II., Bischof von Bamberg 1040 – 1047, ist das älteste erhaltene Papstgrab nördlich der Alpen. Weiter ist das Standbild des Bamberger Reiters bemerkenswert, vermutlich handelt es sich um König Stefan von Ungarn. Verschiedene geschnitzte Seitenaltare schmücken das Kirchenschiff.

​

Auf dem gleichen Weg spazieren wir wieder zurück zu unserem Fahrzeug. Wir machen einen Zwischenhalt auf dem überfüllten Wohnmobilstellplatz um das Abwasser zu entsorgen und Frischwasser aufzufüllen.

​

Danach sind es noch etwa zwei Stunden bis zu unserem Tagesziel in Eisenach. Der Wanderparkplatz den wir ausgesucht haben ist nur über enge Quartierstrassen zu erreichen und wir landen erst einmal in einer Sackgasse. Die vom Navi vorgeschlagene Route bringt uns nicht ans Ziel. Wir versuchen daher unser Glück bei den kostenpflichtigen Übernachtungsplätzen bei LIDL und NETTO. Doch diese sind entweder voll, oder so abfallend, dass das Gefälle selbst mit Auffahrkeilen oder Hebekissen kaum ausgeglichen werden kann.

​

Wir versuchen deshalb den Wanderparkplatz im Johannistal nochmals über eine andere Route zu erreichen und haben dieses Mal mehr Glück. Der kleine Parkplatz am Waldrand ist eben und es gibt nur ein weiteres Wohnmobil, welches hier die Nacht verbringt.

​

Heute gibt es schnelle Küche, weisse Bohnen aus der Dose und Schweinswürstchen. So können wir das Tageslicht noch ausnutzen und machen einen Spaziergang zum Burschenschaftsdenkmal an der Göpelskuppe. Dabei handelt es sich um eine Gedenkstätte für nationalistische Studenten, die im ersten Weltkrieg gekämpft haben. Hier befindet sich auch das schöne Berghotel Eisenach. Die Speisekarte wirkt sehr einladend. Wir entschliessen uns daher Morgen, nach der Wanderung durch die Drachen- und die Landgrafenschlucht, unser vorgezogenes 33. Hochzeitstagsessen dort zu geniessen.

​

Im Halbdunkeln geht es durch den Wald zurück zu unserem Übernachtungsplatz.

 

​

Montag, 07.09.2020

Wanderung in die Drachen- und Landgrafenschlucht

​

Nach dem Morgenessen stürzen wir uns in die Wanderkluft. Gleich hinter unserem Übernachtungsplatz beginnt der Wanderweg, der uns durch die Ludwigsklamm hoch zur Herzogseiche bringt. Der riesige Baum steht an einer Wegkreuzung, wo die Wanderwegweiser in verschiedene Richtungen zeigen. Wir wählen jenen zur Hohen Sonne, wo die Drachenschlucht beginnt. Der schmale Pfad führt uns am Sonnenhang durch lichten Eichen- und Buchenwald, bis er in die Weinstrasse mündet. Dabei handelt es sich um eine historische Handelsstrasse, welche schon seit Jahrhunderten von Nord nach Süd durch den Thüringer Wald führt und auf dem vermutlich auch Fränkischer Wein transportiert wurde. Daher der Name.

​

Bald erreichen wir das Restaurant Hohe Sonne mit dem grossen Parkplatz, der auch am Montag schon gut belegt ist. Wir machen eine kurze Mittagsrast bevor wir den Weg ins Tobel unter die Füsse nehmen. Es sind in beiden Richtungen viele Wanderer unterwegs, denn die Drachenschlucht ist eine der beliebtesten Wanderungen der Region. Der Weg geht zuerst steil nach unten und scheint wenig spektakulär. Einfach ein kleiner Bach, der durch Fichtenwald plätschert. Doch allmählich rücken die steilen Hänge auf beiden Seiten näher zusammen, wird felsig und schliesslich wird es richtig eng. An der engsten Stelle weist die Schlucht eine Breite von nur 68 cm auf. Mit Gegenverkehr und Fotostopps geht es nur langsam vorwärts.

​

Schliesslich erreichen wir den Ausgang der Schlucht, wieder mit einem grossen Parkplatz. Von hier führt die Landgrafenschlucht wieder weg von der Strasse durch den Wald. Der Wanderweg wurde nach der Wende in den 90er Jahren in einem Beschäftigungsprogramm begehbar gemacht. Dieser Weg ist bedeutend weniger begangen als die Drachenschlucht und auch nicht sonderlich gut markiert. Wir müssen immer wieder unsere Apps «MapOut» und «Maps.me» konsultieren, um den richtigen Weg zu finden. Schliesslich erreichen wir wieder die markante Herzogseiche und entschliessen uns noch einen Umweg zum Burschenschaftsdenkmal zu gehen. Es fehlen allerdings jegliche Wegweiser und wir müssen, trotz Wanderapps immer wieder nach dem Weg suchen. Schliesslich erreichen wir, ziemlich geschafft, das imposante Denkmal mit dem Berghotel und sind bald bei unserem Stellplatz. Wir spüren die 16.2 Kilometer ziemlich in den Knochen und sind froh am Ziel zu sein.

Nach einer schönen Dusche packen wir unsere sieben Sachen zusammen und fahren hoch zum Wanderparkplatz beim Berghotel. Dort geniessen nach je zwei Gläser Rotkäppchen Sekt zur Vorspeise, dann folgt ein feines Wildererpfännchen mit einem fränkischen Rotwein.

​

Beim Verdauungsspaziergang auf dem Panoramaweg lassen wir den Blick auf die beleuchtete Wartburg auf uns wirken.

 

​

Dienstag, 08.09.2020

Von Eisenach nach Weimar, 116 Km

​

Heute geht es weiter in die Goethe und Schiller Stadt Weimar. Vorher müssen wir aber noch einkaufen und Abwasser entsorgen.

​

Danach geht es aber los durch die bewaldeten Hügel des Thüringer Waldes und die Aussenbezirke von Erfurt, der Hauptstadt von Thüringen, bis nach Weimar. Der Parkplatz des Hauptfriedhofs, gleich angrenzend an die Altstadt, kann für 5 Euro als Übernachtungsplatz genutzt werden.

​

Wir machen uns gleich auf den Weg zum historischen Zentrum. Die grosse Fussgängerzone macht das Flanieren zum Vergnügen. Wir gönnen uns beim Marktplatz eine «Original Thüringer Rostbratwurst» im Brötchen mit viel Senf. Nicht schlecht, mit viel Kümmel, aber kein Vergleich zu einer St. Galler Bratwurst. In einem Delikatessengeschäft kaufen wir noch ein paar Flaschen Fränkischen Wein und Thüringer Trockenwurst.

​

Wir besuchen Johann Wolfgang von Goethes und Friedrich Schillers Wohnhaus, das Goethe- und Schiller-Denkmal, schlendern kreuz und quer durch das gepflegte Stächen. Schliesslich stärken wir uns mit einem grossen Eisbecher und gönnen den schon gestern arg strapazierten Füssen eine Pause.

​

Durch den Park an der Ilm (wieder eine riesige Parkanlage) gelangen wir wieder zurück zum Hauptfriedhof.

Nach dem Nachtessen spazieren wir noch durch den Friedhof und besuchen die Fürstengruft wo auch Goethe und Schiller beigesetzt sind.

​

 

Mittwoch, 09.09.2020

Von Weimar nach Meissen, 184 Km

​

Heute soll es wieder etwas vorwärtsgehen. Das Navi führt uns zwar wieder einmal auf Umwegen aus der Stadt, wir finden aber doch noch den Weg zur Autobahn und erreichen nach knapp zwei Stunden die an der Elbe gelegene Porzellan-Stadt Meissen.

​

Zuerst müssen wir schauen, wo wir unser Brummsli abstellen. Der offizielle Stellplatz, schön gelegen direkt an der Elbe ist schon gut belegt. Wir können uns gerade noch zwischen zwei Camper quetschen. Einer davon hat ein Berner Nummernschild. Es ist das erste Schweizer Wohnmobil seit langem. Wir lösen das Parkticket für 15 Euro pro Tag und marschieren los in das hübsche, kleine Städtchen. In vielen der schön renovierten Häusern rund um den Marktplatz und in den Gassen sind Restaurants untergebracht.

​

Wir steigen hoch zum Burghügel mit der Albrechtsburg und dem evangelisch-lutherischen Dom. Durch das Torhaus erreichen wir den Domplatz.

​

Wir entscheiden uns, die alten Gemäuer zu besichtigen. Der Eintritt für Dom und Burg kostet 13 Euro pro Person und für die Erlaubnis zu fotografieren müssen nochmals 2 Euro bezahlt werden.

​

Die Architektur des Domes ist evangelisch schlicht. Nur die Fürstenkapelle mit den Grabstellen strahlt etwas Prunk aus. Ganz anders in der Burg, im ersten Obergeschoss sind besonders der grosse Saal und die grosse Hofstube mit prunkvollen Wandmalereien und Standbildern geschmückt.

​

Auf insgesamt 3 Stockwerken wird auf die Geschichte Sachsens, die Porzellanherstellung und das Bauhandwerk eingegangen.

​

Nach dem Rundgang gehen wir durch das Tor beim Amtsgericht, vorbei am Weinberg in dem gerade die Traubenlese erfolgt, zurück in die Stadt. Dabei stossen wir auf Markierungen der grossen Flut von 2013, bei der die gesamte Altstadt überflutet wurde.

​

Der Wohnmobilstellplatz ist immer noch gerammelt voll. Ein Stück weiter gibt es aber eine als Festplatz gekennzeichnete grosse Fläche, auf der bereits ein paar Wohnmobile abgestellt wurden. Auch wir entschliessen uns, den Standort zu wechseln, fahren eine kurze Strecke auf dem Elberadweg und richten uns mit Blick auf den Fluss auf der grossen Wiese ein.

Donnerstag, 10.09.2020

Mit dem Fahrrad von Meissen nach Dresden und wieder zurück, 56 Km

​

Während der Nacht hat es einmal kurz geregnet, am Morgen ist davon aber kaum noch etwas zu sehen. Es weht zwar noch ein kräftiger, kühler Wind, aber der Himmel ist fast wolkenlos. Wir machen also unsere Fahrräder bereit und radeln los in Richtung Dresden. Der Elberadweg weist zwar viele Richtungsänderungen, aber keine Steigungen auf und ist durchgehend asphaltiert. Wir kommen also zügig voran.

​

An den nach Süden ausgerichteten Hängen entlang des Flusses wird Wein angebaut, in den weiten Überflutungsebenen hingegen weiden Kühe, Schafe und Pferde. Wir beobachten auch Pilzsammler, mit ihrer Ausbeute. Nach den verheerenden Überschwemmungen von 2002 und 2013 wurden an vielen Stellen Schutzbauten errichtet, welche die Siedlungen von künftigen Fluten schützen sollen.

​

Nach etwa 90 Minuten erreichen wir das Zentrum von Dresden. Wir sind beeindruckt von den historischen Bauten, die während dem Krieg zerstört und danach wiederaufgebaut wurden. Das Werk ist aber längst noch nicht vollendet, denn vielerorts sind Bauarbeiten im Gang. Die katholische Hofkirche ist deshalb geschlossen und wird nur für Gottesdienste geöffnet. Auch die Semperoper mit dem König Johann Denkmal auf dem Vorplatz und der Dresdner Zwinger sind teilweise hinter Baugerüsten versteckt. Nichts desto trotz wimmelt es in der Stadt von Touristen, auch auf dem grossen Platz vor der Frauenkirche mit dem Luther-Denkmal herrscht reges Treiben. Rund um den Neumarkt wurden die Barocken Häuser nach der Wende restauriert und strahlen in allen möglichen Farben.

​

Wir wechseln das Flussufer und machen noch einen Abstecher in die Neustadt. Dort sticht als erstes der goldene Reiter ins Auge, der in der Sonne glänzt.

​

Wir machen uns jetzt aber wieder auf den Rückweg und fahren, dieses Mal auf der anderen Seite, flussabwärts. Unterwegs begegnet uns der Raddampfer, der von Meissen kommend, gemächlich in Richtung Dresden schippert.

Wenige Kilometer vor Meissen werden an einem Stand Aronia-Produkte angeboten. Die gesunden Beeren werden dort angebaut. Wir versuchen eine Aronia-Schorle, sind aber vom Geschmack nicht sonderlich überwältigt. Was gesund ist, kann anscheinend nicht auch noch gut schmecken.

​

Bevor wir zum Stellplatz zurückkehren kaufen wir im Städtchen noch eine Eierschecke, ein lokales, süsses Gebäck, das wir unbedingt probieren wollen.

​

Zurück bei Brummsli erwartet uns eine Überraschung. Alle Wohnmobile, die auf dem Festplatz abstellt sind, haben eine Busse erhalten, obwohl kein ausdrückliches Parkverbot besteht. Die Rechnung folgt per Post.

​

Da auf dem angrenzenden offiziellen Übernachtungsplatz heute der Andrang nicht so gross ist wie gestern, stellen wir unser Fahrzeug nach dem Duschen um.

​

 

Freitag, 11.09.2020

Von Meissen nach Polenz, 125 Km

​

Heute möchten wir weiter in den Nationalpark Sächsische Schweiz. Ein deutsch/schweizerisches Paar auf dem Stellplatz hat das gleiche Ziel, hegt aber die Befürchtung, dass es sehr schwierig werden könnte einen Übernachtungsplatz zu finden. Die beiden waren schon im Spreewald und auch dort war alles voll. Ganz Deutschland scheint dieses Jahr im eigenen Land Ferien zu machen.

​

Wir machen uns daher zeitig auf, nutzen aber die Fahrt in Richtung Dresden um noch einen Abstecher zum Schloss Moritzburg zu machen. Das Jagdschloss, in dem August der Starke rauschende Feste feierte, diente auch als Kulisse im beliebten Märchenfilm «Drei Nüsse für Aschenbrödel».

​

Auf der Suche nach einer Entsorgungsstelle verlieren wir viel Zeit. Die Angaben in Park4Night sind halt nicht immer zuverlässig. Wir wählen deshalb einen Campingplatz im Kirnitzsch-Tal bei Bad Schandau. Die Strasse führt den Gleisen der kleinen Bahn entlang, die durch das enge Tal fährt. Hier sehen wir die ersten der markanten Sandsteinformationen, die wie Scheiben aufeinandergelegt sind. Allerdings ist es ein Ding der Unmöglichkeit anzuhalten. Alle Wanderparkplätze sind belegt und überall wuseln Wanderer und Radfahrer durcheinander.

Wir sind etwas gefrustet. Zudem gefällt uns das enge Tal nicht besonders und wir entschliessen uns die Sächsische Schweiz auf ein anderes Mal zu verschieben. Vielleicht ergibt sich ein Besuch nach Corona und ausserhalb der Hauptreisezeit. Die Steinformationen wären auf jeden Fall sehenswert.

​

Über Sebnitz erreichen wir den kleinen Stellplatz beim Waldbad in Polenz bei Neustadt in Sachsen. Hier können wir endlich unseren Grauwassertank leeren und Morgen das Frischwasser auffüllen.

​

Nach der Anmeldung beim schrulligen «Platzwart», der uns aus seiner DDR-Zeit und die heutigen Zustände der Politik und der maroden Infrastruktur (insbesondere Internet) erzählt nutzen wir wieder einmal unsere Liegestühle und geniessen die Sonne. Die Kosten von nicht einmal 10 Euro inklusiv Strom, Wasser und Free WiFi können wir verkraften.

​

 

Samstag, 12.09.2020

Von Polenz nach Jelenia Góra, 150 Km

​

Nach intensiver Beratung haben wir entschieden einen Abstecher nach Polen zu machen, da die Touristen Hot Spots in Deutschland übervoll sind. Gemäss anderen Reisenden ist es nicht nur in der Sächsischen Schweiz, sondern auch im Spreewald, an den Lausitzer Seen sowie an der Nord- und Ostsee nicht einfach einen Stellplatz zu finden.

Wir wählen daher das Städtchen Jelenia Góra, ehemals Hirschberg, am Rand des Riesengebirges als Tagesziel. Auf der Autobahn in Richtung Görlitz erreichen wir rasch die Grenze und überqueren diese, ohne Kontrolle. Auf der Landstrasse fahren wir weiter unserem Ziel entgegen. Es ist offensichtlich, dass der Lebensstandard in Polen ein anderer ist, als in Deutschland oder der Schweiz. Die Häuser wirken zum Teil etwas heruntergekommen und auf kleinen Äckern sind Bauern dabei Kartoffeln ohne maschinelle Hilfe mit Hacke und Eimern zu ernten. Es wundert also nicht, dass in Zentraleuropa polnische Erntehelfer die schwere Arbeit erledigen.

​

Schliesslich erreichen wir den Campingplatz in Jelenia Góra, der nur wenige hundert Meter von Zentrum entfernt liegt. Wir werden an der Reception freundlich empfangen und können uns auf Deutsch verständigen. Um die Umgebung zu erkunden, checken wir gleich für drei Nächte ein.

​

Auf dem Weg hierher haben wir nur wenige Wohnmobile gesehen. Auf dem Platz haben sich aber doch einige Deutsche Camper mit ihren riesigen Vehikeln und ein italienisches Paar eingerichtet. Ein Teil der Stellplätze ist, gemäss der Dame am Empfang, reserviert. Tatsächlich trifft später noch eine ganze Gruppe von Deutschen Reisemobilen ein.

​

Wir machen uns auf den Fussmarsch ins nahe Stadtzentrum. Wir spazieren durch die Fussgängerzone zur Gnadenkirche, die von 1709 – 1718 erbaut wurde, und durch ihren barocken Hauptaltar beeindruckt. Die Kirche ist vom Gnadenfriedhof, mit 19 Grabkapellen von bedeutenden Hirschberger Patrizierfamilien, umgeben.

Wir schlendern zurück zum Marktplatz der von schönen, barocken Häusern umgeben ist. Dieser lädt mit vielen Restaurant zum Verweilen ein. Auch wir machen eine Pause mit Gulaschsuppe und Bier bevor wir zum Campingplatz zurückkehren.

 

​

Sonntag, 13.09.2020

Radtour in der Umgebung von Jelenia Góra, ca. 50 Km

​

Beim Tourismusbüro am Marktplatz haben wir uns gestern noch mit Prospekten eingedeckt. Darunter sind auch Vorschläge für Wanderungen und Velotouren. Heute wollen wir darum die Velos vom Träger holen. Wir entscheiden uns für eine Rundtour in der Umgebung unseres Standortes. Wir trauen den Polen noch nicht so ganz und fahren deshalb auf dem Gehweg, so wie viele andere Radfahrer auch. Schon bald haben wir das Städtchen verlassen und folgen auf einem schmalen Strässchen, welches als Regionale Veloroute ER6 ausgeschildert ist, dem Flüsschen Bóbr. Es begegnet uns nur gelegentlich ein Auto eines Fischers oder Anwohners, so dass das Radeln durch die idyllische Flusslandschaft Spass macht. Bald erreichen wir den Palac Wojanów, das Schlosshotel Schildau, wo wir eine kurze Pause einlegen. Dann geht es weiter, immer wieder mit zünftigen Steigungen, bis nach Janowice Wielkie. Dort verlassen wir die ER6 und fahren immer bergauf nach Radomierz, wo wir die stark befahrene Hauptstrasse nur in einem gewagten Manöver im Laufschritt überqueren können. Wir fahren dann weiter bergauf, immer das Riesengebirge mit der 1603 Meter hohen Schneekoppe, der höchsten Erhebung des Riesengebirges, im Blick. Endlich geht es wieder abwärts im Zickzack, mal besser mal weniger gut ausgeschildert, so dass wir immer wieder auf unsere App MapOut überprüfen müssen ob wir noch auf dem Richtigen Strässchen sind.

​

Schliesslich erreichen wir wieder Jelena Góra und kehren zurück auf den Campingplatz. Nach einem kühlen Glas Mineralwasser und einer erfrischenden Dusche gibt es dann ein paar Nüssli und ein feines Glas Wein, einen leichten blauen Portugieser, der uns sehr gut schmeckt.

​

Für morgen planen wir nach Karpasz zu fahren um von dort den Gipfel der Schneekoppe zu erreichen. Allenfalls nehmen wir die Unterstützung des Sesselliftes in Anspruch, der bis 300 Meter unter den Gipfel fährt.

​

​

Montag, 14.09.2020

Wanderung auf die Schneekoppe (Sniezka) 1603 m

​

Wie gestern geplant, fahren wir die knapp 16 Km bis nach Karpacz, einem veritablen Wintersportort der sich von etwa 500 Metern bis auf zirka 800 Meter den Hang hinaufzieht. Schon bei der Anfahrt stellen wir fest, dass auch hier noch zahlreiche Touristen ihre Ferien verbringen.

​

Am vermeintlichen Ziel werden wir von Lotsen mit gelben Warnwesten auf einen der Parkplätze gewunken und eingewiesen. Die happige Parkgebühr von 30 Zloty wird auch gleich einkassiert. Dafür sind wir gleich beim Sessellift. Die 24 Zloty für zwei Bergfahrten scheinen uns vertretbar. Aber schnell merken wir, dass wir noch nicht auf dem Lift sind, der uns bis 300 Meter unter den Gipfel bringt, sondern dass wir dort umsteigen müssen, wo wir auch mit dem Auto noch hätten hochfahren und günstiger parkieren können. Wir nehmen also den nächsten Sessellift für 50 Zloty pro Person, der uns an den Ausgangspunkt unserer Wanderung auf 1300 Meter bringen soll.

 

Wir haben also heute gelernt: Folge in Polen nicht gutgläubig jedem Parkplatzeinweiser, der dich freundlich auf einen Parkplatz winkt. Oft sind das private Plätze mit ensprechenden Kosten.

​

Von der Bergstation führt der breite, mit Pflastersteinen ausgelegte Wanderweg, ohne grosse Steigung bis zur Berghütte «Dom Slaski» auf 1400 Metern. Die Grenze zwischen Polen und der Tschechischen Republik führt dem Wanderweg entlang, und auch von der tschechischen Seite bringt ein Wanderweg zahlreiche Wanderer zur Hütte.

Jetzt beginnt aber der Aufstieg zum Gipfel der Schneekoppe. Der Weg teilt sich kurz nach «Dom Slaski» in einen steilen und einen eher gemächlich ansteigenden Pfad. Wir wählen für den Aufstieg den Steilen und kommen arg ins Schnaufen. Es ist wirklich steil. Dafür gibt es kaum Gegenverkehr, da der Weg wegen Corona nur für den Aufstieg genutzt werden soll. Die meisten Wanderer halten sich auch daran.

​

Endlich erreichen wir den Gipfel ziemlich ausser Atem. Gestern auf der Velotour hat der Berg so aus der Ferne recht harmlos ausgesehen. Eher ein Hügel halt, auch nur 1600 Meter hoch. In Tat und Wahrheit hat er es aber in sich. Da haben es die Tschechen besser, die Kabinenbahn von ihrer Seite führt nämlich ganz auf den Gipfel.

Trotz leichtem Dunst geniessen wir den Rundblick über das Riesengebirge, der Heimat des Berggeistes Rübezahl. Dann nehmen wir den Abstieg über den breiten, weniger steilen Weg in Angriff. Auch dieser ist mit Pflastersteinen belegt, so dass einige ganz fitte sogar den Kinderwagen über die holprigen Steine hochschieben.

​

Bei der Berghütte «Dom Slaski» legen wir eine Verpflegungspause ein, bevor wir auf dem steilen Weg Richtung Karpacz absteigen. Zahlreiche Wanderer, die nicht mit dem Sessellift hochfahren kommen uns, zum Teil recht abgekämpft entgegen, denn der Pfad ist wirklich saumässig steil und steinig.

​

Das letzte Stück führt dann aber mit nur noch wenig Gefälle, und im schattigen Wald, zurück zum Dorf, wo wir uns nach fast 4 Stunden wandern eine Erfrischung gönnen. Zufälligerweise sind unsere deutschen Nachbarn vom Campingplatz im gleichen Restaurant und testen die polnische Küche.

​

​

Dienstag, 15.09.2020

Von Jelenia Góra nach Klodzko (Glatz), 156 Km

​

Schnell machen wir uns heute bereit für die Abfahrt. Denn der Platz hat sich gestern noch ordentlich gefüllt und es herrscht allgemeine Aufbruchstimmung. Der Wassertank ist wieder gefüllt und gleich beim Campingplatz ist ein kleiner Einkaufsladen, wo wir noch ein paar Kleinigkeiten wie Früchte, Mineralwasser und Brot einkaufen, bevor wir in Richtung Swidnica, unserem ersten Etappenziel, davonbrausen. Wir passieren das Städtchen Bolkow mit seiner mächtigen Burg, die wir aber links liegen lassen.

​

Problemlos finden wir in Swidnica (ehemals Schweidnitz) einen Parkplatz nur wenige hundert Meter von unserem eigentlichen Ziel entfernt, der protestantischen Friedenskirche, die 1656/57 nach dem 30jährigen Krieg erbaut wurde. Die Protestanten konnten die Kirche nur unter bestimmten Auflagen erbauen. So durfte die Bauzeit nicht länger als ein Jahr in Anspruch nehmen, die Kirche musste ausserhalb der Stadtmauern ohne Turm und Glocken errichtet werden und als Materialien durfte nur Holz, Sand, Lehm und Stroh verwendet werden. Trotz allem wurde der Bau vollendet, in dem 7500 Personen Platz fanden, 3000 davon auf Sitzplätzen. Das Gotteshaus ist in Folge der Auflagen auch nicht als Kirche erkennbar, der Riegelbau wirkt eher wie ein grosses Bauernhaus. Umso mehr beeindruckt das prunkvolle und üppige Innere, wo jeweils Ende Juli das internationale Bachfestival mit Künstlern aus aller Welt stattfindet.

​

Nach einem kurzen Spaziergang zum Marktplatz mit den hübschen Häusern geht es weiter nach Henrykow, wo gemäss Reiseführer ein ehemaliges Zisterzienserkloster mit schöner Kirche zu finden ist. Der Besuch ist allerdings eher enttäuschend, denn die Kirche ist geschlossen und das ehemalige Kloster, indem heute ein Lyzeum für Knaben betrieben wird, ist nicht zugänglich.

​

Wir setzen die Fahrt deshalb fort um erreichen bald unser Tagesziel, das Städtchen Klodzko (Glatz) am Eingang des gleichnamigen Tales. Wir übernachten wieder auf einem Campingplatz, unmittelbar neben der mächtigen Festung, nahe dem Stadtzentrum.

​

In nur wenigen Minuten erreichen wir zu Fuss den Eingang der Festung. Deren Ursprung geht zurück auf eine burgähnliche Befestigung aus dem Jahre 981. Diese Anlage aus Holz und Erde wurde im 13. Jahrhundert durch ein Schloss ersetzt, welches im 17. Jahrhundert zu einer modernen Bastion ausgebaut wurde. Ein gut dokumentierter Rundgang, mit Informationstafeln auch auf Deutsch, führt durch die alten Gemäuer.

​

Eine weitere Sehenswürdigkeit ist die gotische Johannisbrücke über die Glatzer Neisse, welche zwischen 1281 und 1390 erbaut wurde. Die Brücke mit den Statuen von Heiligen wirkt fast wie eine kleine Ausgabe der Karlsbrücke in Prag.

​

Heute verzichten wir darauf den Abend vor unserem Wohnmobil zu verbringen, denn unzählige Mücken warten auf Opfer. Die Mückengitter an den Fenstern halten die Plagegeister von unserem Wohn- und Schlafbereich fern, so dass wir auf eine ungestörte Nacht hoffen.

​

 

Mittwoch, 16. September 2020

Von Klodzko nach Sienna, 113 Km

​

Heute wollen wir das Klodzko-Tal erkunden. Das grösste Tal des Sudetengebirges gilt als eine der schönsten Landschaften Schlesiens. Es bietet grüne bewaldete Hügel und schroffe Tafelberge. Unser Ziel ist eine dieser Felsformationen bei Szczeliniec Wieliki, nur etwa 30 Km von Klodzko entfernt.

​

Die Strasse führt durch schöne Mischwälder in vielen Kurven hinauf nach Karlów auf etwa 750 m. Es handelt sich um ein kleines Touristenörtchen mit vielen Restaurants und Hotels. Vom kostenpflichtigen Parkplatz (20 Zloty) gehen wir vorbei an etlichen Marktständen, wo regionale Produkte, Getränke, Verpflegung und allerhand Souvenirs angeboten werden, zum Beginn des Wanderweges, der über unzählige Treppen durch den schattigen Wald auf das Plateau führt. Die Berghütte an der Aussichtsplattform hoch über dem Tal ist für einen Werktag wieder sehr gut besucht.

​

Der Zutritt zu den Felsformationen, welche die eigentliche Attraktion des Ausflugortes sind, kostet 12 Zloty. Aber um es gleich vorweg zu nehmen, es lohnt sich auf jeden Fall. Entsprechend gross ist auch hier der Andrang.

Der Weg ist mit dicken Bohlen bestens ausgebaut, an allen kritischen Stellen sind Geländer oder Ketten angebracht, die Halt geben. Zuerst geht es vorbei an markanten Felstürmen, die mit Namen wie «Rübezahls Sessel», «der Affe» oder «die Henne» versehen sind. Doch dann geht es, vorbei an «Teufels Küche», hinunter in eine tiefe Felsspalte mit dem Namen «die Hölle» um dann durch eine schmale Öffnung wieder ans Tageslicht zu gelangen. Nicht ohne Grund wird diese Stelle «der Himmel» genannt.

​

Auf steilen Treppenstufen gelangen wir wieder zurück nach Karlów, immer noch beeindruckt vom tollen Erlebnis.

Nur wenige Kilometer weiter befindet sich eine ähnliche Felsformation «das Labyrinth». Wir verzichten aber auf einen Besuch, da die Parkplätze inzwischen ziemlich voll sind und wir noch ein Stück weiter wollen um Morgen in Kletno die Bärenhöhle besuchen zu können.

​

Die Strasse führt entlang der tschechisch-polnischen Grenze, zuerst auf gut ausgebauten Strassen durch verschiedene hübsche Ferien- und Kurorte. Wir zweigen dann aber kurz vor Duszniki-Zdrój auf eine Nebenstrasse und machen erstmals mit einer der berüchtigten polnischen Strassen, wie sie in unserem Reiseführer beschrieben sind, Bekanntschaft. Der Deckbelag ist nur noch Ansatzweise erkennbar und der Unterbau mit tiefen Löchern übersät. Entsprechend langsam kommen wir voran.

​

Unten im Tal finden wir wieder gute Strassenverhältnisse vor, überqueren die Klodzka Neisse und fahren die Hügel auf der anderen Talseite hoch. Schliesslich finden wir kurz vor dem Wintersportort Sienna einen schönen Stellplatz, wo wir wieder einmal freistehend (nicht auf dem Campingplatz) übernachten.

​

Vorher machen wir aber noch einen Spaziergang durch den nahen Wald, wo etliche Pilzesammler mit ihren Körben unterwegs sind. Auch wir halten Ausschau nach Steinpilzen und Pfifferlingen. Das sind die einzigen Pilze, die wir wirklich kennen und regelmässig sammeln, werden aber nicht fündig.

 

Donnerstag, 17.09.2020

Von Sienna nach Opole, 129 Km

​

Heute Morgen ist geplant, dass wir in Kletno eine Tropfsteinhöhle besuchen. Da dort neben den Überresten anderer Tiere auch die Knochen von Höhlenbären gefunden wurden, wird sie Bärenhöhle genannt.

​

Es herrscht noch dichter Nebel, der sich aber bald lichtet und es ist recht kalt.

​

Schon kurz nach Sienna folgen wir den Wegweisern. Nur noch knapp 6 Kilometer zum ersten Ziel des Tages. Unterwegs passieren wir noch ein ehemaliges Uranbergwerk welches ebenfalls besichtigt werden kann. Schliesslich erreichen wir den Besucherparkplatz von wo noch etwa 1,5 Km zu Fuss zurückzulegen sind. Gemütlich spazieren wir durch den Wald bis zum Höhleneingang. Dort müssen wir dann allerdings erfahren, dass der Zutritt zur Höhle stark reglementiert ist. In der Hauptsaison werden etwa 450, in der Nebensaison nur noch 360 Personen pro Tag eingelassen. Aus diesem Grund müssen die Tickets vorgängig über das Internet reserviert werden. In unserem Reiseführer wurde davon nichts erwähnt.

​

Es bleibt uns nichts anderes Übrig als wieder zum Wohnmobil zurückzukehren. Na ja, wenigstens haben wir heute schon einen ersten Spaziergang hinter uns.

​

Wir geben im Navi unser nächstes Ziel, eine ehemalige Goldmine in Zloty Stok ein. Die Strasse führt uns in vielen Windungen über steile Hügel und durch herrlichen, gesunden Mischwald hinunter in die fruchtbare Ebene durch die Neisse, Oder und Weichsel fliesst.

​

Dieses Mal können wir unser Brummsli kostenlos nahe der des Mineneinganges abstellen und kaufen ein Ticket für eine geführte Tour. Leider wird diese im Moment, mangels fremdsprachiger Touristen, nur auf Polnisch geführt.

Der Guide gibt uns deshalb vorgängig einige Erklärungen auf Englisch, den Rest lesen wir im Internet nach. Eigentlich handelte es sich um ein Arsenmine, Gold wurde nur als Nebenprodukt gefördert. Schon 2000 vor Christus wurde in der Gegend Gold gesucht. Seit dem 13. Jahrhundert werden die Berge um Zloty Stok auf bis zu 21 Ebenen von etwa 300 Kilometern Stollen durchzogen. Insgesamt wurde in 700 Jahren etwa 16 Tonnen Gold gefördert.

​

Wie üblich waren in früheren Jahrhunderten die Arbeitsbedingungen brutal.  Bei einem Stolleneinbruch entschieden die Minenbesitzer jeweils, je nachdem wie ertragreich ein Stollen war, ob Verschüttete gerettet, oder sich selbst überlassen wurden. Billige Arbeitskräfte standen schliesslich zur Genüge zur Verfügung. Golddiebe wurden in erschöpften Stollen an den Händen festgemauert und dem Hungertod überlassen.

Eine Sage berichtet, dass die Ehefrau eines Verschütteten namens Gertrude sich auf eigene Faust auf die Suche gemacht und sich im Labyrinth der Gänge verlaufen hat. Sie wurde nie wiedergesehen. Menschen, die sich in den Stollen verirrt hatten, sollen Schritte gehört und dadurch den Ausgang wiedergefunden haben. Einer der Stollen heisst deshalb «Gertruds Stollen».

​

Dort fängt auch der Rundgang an. Auch die Geschichte von Gertrude wird mittels Projektionen, fast wie in einer Geisterbahn, dargestellt. Alles wirkt recht realistisch, viele der zahlreichen Kinder fangen deshalb an zu weinen.  Dafür dürfen sie dann auf einer Rutschbahn zur nächsten Ebene nach unten rutschen.

​

Im Schwarzen Stollen führt eine Metalltreppe über mehrere Ebenen hinunter in die Tiefe. Dort befindet sich die Hauptattraktion von Zloty Stok, ein unterirdischer Wasserfall. Schliesslich fahren wir mit einer Grubenbahn wieder ans Tageslicht. Dort wird uns noch gezeigt, wie aus Rohlingen Münzen und Medaillen geprägt werden, welche selbstverständliche auch gekauft werden können.

​

Wir fahren weiter nach Opole. An einem Baggersee, nahe der Oder etwas ausserhalb der Stadt, werden wir die Nacht verbringen. Als wir ankommen ist der Platz fast leer, nur wenige Hündeler und Jogger haben ihre Autos abgestellt.

​

Wir möchten das Städtchen selbstverständlich noch besichtigen und machen uns deshalb auf den Fussmarsch ins Zentrum. Wir brauchen fast 50 Minuten auf dem schönen Rad- und Fussweg der am Ufer der Oder entlangführt. Beim Rathaus im Zentrum findet ein grosser «patriotischer» Anlass mit Militär, Fahnen, Nationalhymne und Ansprache statt. Veteranen mit Orden sitzen unter einem Baldachin.

​

Wir schauen eine Zeit lang zu und setzen unser Ründeli rund um den Marktplatz mit historischen Häusern, Kirche und Kathedrale dann fort. Eigentlich wollten wir heute Piroggen, die typischen gefüllten Teigtaschen, versuchen. Entscheiden uns dann, zu unserer Schande, aber doch für gemischten Salat, Pizza, 1 Liter Mineralwasser und ½ Liter Rotwein. Alles für 120 Zloty, knapp 30 Franken, inklusive sehr freundlicher Bedienung.

​

Schliesslich marschieren wir im Dunkeln zurück zu unserem Übernachtungsplatz. Nur noch wenige Jogger und Radfahrer begegnen uns und auch die letzten Autos auf dem Parkplatz sind bald verschwunden.

​

 

Freitag, 18.09.2020

Von Opole nach Auschwitz, 134 Km

​

Heute machen wir uns rasch parat. Wir haben nämlich gestern noch für 13.30 Uhr eine Führung durch die KZ von Auschwitz und Birkenau gebucht und wollen den Termin nicht verpassen.

​

Wir sind immer noch alleine, nur kurz bevor wir wegfahren, macht ein Polizeiauto eine Runde auf dem Kiesplatz, lässt uns aber in Ruhe.

​

Wir kommen auf der gut ausgebauten Strasse zügig voran. Erst bei Gliwice kommt Verwirrung auf, als uns das Navi auf die Autobahn leitet. Eigentlich sind wir davon ausgegangen, dass wir die Funktion «Autobahn meiden» aktiviert haben. Denn für unser Fahrzeug über 3.5 Tonnen ist das elektronische Mautsystem «ViaToll» obligatorisch. Das Gerät kann bei der Einreise gemietet und geladen werden. Da wir beabsichtigen Autobahnen und Mautstrassen zu meiden haben wir auf das Gerät verzichtet und wollen die Autobahn deshalb schnellstmöglich verlassen, da sonst empfindliche Bussen fällig werden können, falls man erwischt wird.

​

Wir drehen deshalb ein paar Ehrenrunden auf dem riesigen Autobahnkreuz bis wir die Hauptstrasse Richtung Tychy und Auschwitz finden und unsere Fahrt ohne schlechtes Gewissen fortsetzten können.

​

Schliesslich erreichen wir unser Tagesziel gegen Mittag und checken auf einem Campingplatz nahe dem Museum Auschwitz ein. Das ist zwar etwas teurer als der sterile Wohnmobilparkplatz, dafür stehen wir nicht auf Asphalt, sondern auf einem schönen Grasplatz und Strom, Wasser, Toilette, Dusche und Entsorgung ist im Preis inbegriffen.

Zu Fuss machen wir uns dann auf den Weg zum Museum. Beim Eintritt wird ein umfangreicher Sicherheitscheck wie auf dem Flugplatz durchgeführt. Dazu kommt noch, wegen Corona, eine Ganzkörperdesinfektion. Ich bleibe natürlich als «Schwiizerbueb» mit Sackmesser in der Tasche in der Kontrolle hängen. Die Mitarbeiter sind aber sehr nett, ich kann problemlos nochmals nach draussen und das Taschenmesser bei der Gepäckdeponie hinterlegen. Dort bleibt es mit einigen anderen Victorinox-Messern bis nach der Besichtigungstour liegen.

​

Schliesslich haben wir die Sicherheitskontrolle durchlaufen und es kann losgehen. Während 3 ½ Stunden werden wird uns der Schrecken der Lager Auschwitz und Birkenau vor Augen geführt. Wir schreiten durch das berühmte Tor mit dem zynischen Schriftzug «Arbeit macht frei». Anhand von alten Fotographien wird gezeigt, wie nach Ankunft der Deportierten (hauptsächlich Juden aus ganz Europa, aber auch Polen, russische Kriegsgefangene, Priester, Zeugen Jehovas, Sinti und Roma) die Selektion stattgefunden hat. Nachdem die «Endlösung der Judenfrage» beschlossen war, wurden die jüdischen Gefangenen in arbeitsfähige (hauptsächlich kräftige junge Männer) und nicht arbeitsfähige (Frauen, Kinder und Alte) eingeteilt. Wobei die letzteren unmittelbar in die Gaskammern geführt und umgebracht wurden. Im Museum zeugen Berge von Koffern und Taschen, zum Teil noch mit den Namen der Besitzer versehen, sowie tausende von Schuhen davon. In einem Raum sind hinter Glas über 2 Tonnen Menschenhaar zu sehen. Dieses darf aus Pietätsgründen nicht fotografiert werden.

​

Mit dem Shuttlebus wechseln wir zum Lager von Birkenau, das etwa 3 Kilometer entfernt liegt. Das Lager sollte für 200'000 Häftlinge ausgelegt werden. Bekannt ist auch hier das Bild des Eingangstores durch das die Deportationszüge aus ganz Europa eingefahren sind, noch auf dem Perron hat die Selektion durch die SS-Ärzte stattgefunden. Das hat für 70% der Eingetroffenen den sofortigen Tod bedeutet.

​

Von den meisten Baracken stehen nur noch die Kamine, Zäune und Wachtürme sind erhalten. Die Krematorien und Gaskammern wurden von der SS kurz vor der Befreiung des Lagers durch die Russische Armee gesprengt.

Die genaue Zahl der Menschen, die in Auschwitz und Birkenau umgebracht wurden ist nicht bekannt. Man geht aber davon aus, dass es allein in diesen zwei KZ über 1.1 Millionen waren.

​

Nachdenklich kehren wir zurück zu Brummsli.

​

​

Samstag, 19.09.2020

Von Auschwitz nach Krakau, 66 Km

​

Heute verlassen wir den Ort wieder, an dem so viel Schreckliches geschehen ist und der heute eigentlich ganz friedlich wirkt. Unser Ziel ins heute Krakau. Die Stadt mit etwa 800'000 Einwohnern liegt an der Weichsel. Im Jahr 1000 wurde die Stadt Bischofssitz und hatte die Bedeutung einer Hauptstadt bis 1596. Dann wurde Warschau zu Hauptstadt erkoren. Allerdings wurden die Polnischen Könige weiterhin in der Wawel-Kathedrale gekrönt und beigesetzt. Krakau blieb in beiden Weltkriegen von schweren Zerstörungen verschont. Die Altstadt wurde deshalb im Jahr 1978 zum UNESCO Welterbe erklärt.

​

Schon beim Überqueren der Weichsel auf der Grunwaldzki Brücke sticht das Königsschloss und die gotische Kathedrale auf dem Hügel Wawel ins Auge. Ganz in der Nähe fahren wir auf einen 24 Stunden Parkplatz, wo Wohnmobile für 50 Zloty auf einem bewachten Platz stehen können. Wir werden sehr freundlich empfangen und bei Bezahlen der Parkgebühr mit Stadtplan und Informationsmaterial ausgerüstet.

​

Schnell sind wir bereit für eine erste Stadtbesichtigung. Nach nur wenigen 100 Metern zu Fuss erreichen wir die historische Altstadt. Am Hauptplatz mit der von Renaissancehäusern umgeben ist, herrscht reges Treiben. Die zahlreichen Restaurants sind gut besucht. Am und auf dem Platz steht die Marienkirche, die Tuchhallen, der Rathausturm und die St.-Adalbert-Kirche. Wir gehen zuerst weiter ans nördliche Ende der von einem Park umgebenen Altstadt mit dem Florianstor und der Barbakane, einem Teil der mittelalterlichen Stadtbefestigung.

Nach einer Pause im Park gehen wir wieder zurück zum Hauptplatz und von dort vorbei am Collegium Maius, der Franziskanerkirche, der Dominikanerkirche, St. Peter und Paul- sowie St. Andreas-Kirche erreichen wir die Burg Wawel mit dem Königsschloss und der Kathedrale. Wir besichtigen das überaus prunkvolle Gotteshaus mit den vielen Seitenkapelleln (leider darf nicht fotografiert werden). Dann besteigen wir den Glockenturm auf einer schmalen und steilen Holztreppe und steigen hinunter in die Gruft mit den Sarkophagen der polnischen Könige. Auch der bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommene Präsident Lech Kaczynski ist wie verschiedene Nationalhelden und Dichter dort beigesetzt.

Es fällt auf wie patriotisch die Polen sind. Das Grab von Lech Kaczynski ist immer noch über und über mit Kränzen und Blumen bedeckt und viele Besucher verbeugen sich vor dem Sarkophag oder berühren ihn. Am Fuss des Schlosshügels steht ein grosses Kreuz, das an das Massaker von Katyn im Jahr 1940 erinnert, als etwa 4400 gefangene polnische Offiziere auf Geheiss Stalins getötet wurden.  Auch dort liegen immer noch frische Blumen.

Nach einer Erfrischung auf einem der vielen Restaurant-Schiffe auf der Weichsel kehren wir kurz zum Camper zurück und machen uns bereit fürs Nachtessen. Im Restaurant Kogelmogel gönnen wir uns ein Essen der gediegeneren Art. Endlich stehen Piroggen auf dem Speiseplan. Wir teilen uns zwei Varianten als Vorspeise, danach gibt es geschmorte Rindsbacken an einer Rotweinsauce und zum Dessert warmen Apfelkuchen mit Zimteis. Dazu ein Glas polnischen Wein. Und das alles für 300 Zloty, also knapp 80 Franken und das in einem Guide Michelin Restaurant.

​

Danach ist nochmals ein Verdauungsspaziergang kreuz und quer durch die belebte Altstadt auf dem Programm.

 

​

Sonntag, 20.09.2020

Ein weiterer Tag in Krakau

​

Heute schlafen wir etwas länger, machen uns aber gleich nach dem Morgenessen wieder zu Fuss auf Besichtigungstour. Wieder sind es nur wenige hundert Meter von unserem Übernachtungsplatz bis zum historischen jüdischen Viertel Kazimierz. Dort lebte die jüdische Bevölkerung von Krakau bis sie 1941 ins Getto im Viertel Podgorze vertrieben wurde. Am 13. März 1943 wurden alle Juden, die noch dort gelebt haben, deportiert, meist nach Auschwitz, und wurden dort in den Gaskammern ermordet.

​

Auf kleinstem Raum existieren im alten jüdischen Viertel sieben Synagogen. Viele Geschäfte und Restaurants sind noch auf Hebräisch angeschrieben. Der alte jüdische Friedhof, mit den ältesten Grabsteinen aus dem 16. Jahrhundert, ist leider verschlossen und, wie wir durch die Gittertüren sehen können, ziemlich überwuchert.

​

Danach überqueren wir die Weichsel. Auf dem Weg zum Museum in der Fabrik von Oskar Schindler, bekannt aus dem Film «Schindlers Liste» durchqueren wir ein modernes, komplett neu errichtetes Quartier mit schönen, vermutlich teuren, Wohnungen und neuem Bahnhof. Mittendrin steht die ehemalige Email- und Munitionsfabrik von Oskar Schindler. Dieser verhinderte die Deportation von etwa 1200 Juden in die Vernichtungslager, indem er behauptete, sie seien für die Produktion in der Fabrik unerlässlich.

​

Im Museum wird anhand von vielen Fotografien, Filmen, Dokumenten und Gegenständen die Geschichte Krakaus und das Leben der Krakauer während der nationalsozialistischen Besatzung von 1939 bis zur Ankunft der Russischen Armee im Januar 1945 dokumentiert. Insbesondere das Schicksal der jüdischen Bevölkerung ist ein Schwerpunkt der Ausstellung. Unter den Ausstellungsstücken ist auch der Schreibtisch von Oskar Schindler und Fotografien der Geretteten.

​

Auf dem Platz der Gettohelden mit dem Mahnmal, das aus leeren Stühlen besteht, machen wir eine kurze Pause.

An das ehemalige Getto erinnert nur ein kleines Stück der Mauer, die wir nach einigem Suchen doch noch finden. Die wenig spektakuläre Mauer ist mit einer schlichten Gedenktafel versehen.

​

Jetzt haben wir aber definitiv genug gesehen von den schrecklichen Dingen die während der NS-Zeit geschehen sind und kehren zurück in die Gegenwart und an die Weichsel. Auf der Uferpromenade herrscht dichtes Gedränge, Corona hin oder her. Fussgänger, Radfahrer, Familien mit Kinderwagen, Hündeler und E-Trottinetts nutzen den Fuss- und Radweg entlang des Flusses.  Wir nutzen deshalb die Gelegenheit dem Trubel etwas zu entgehen und buchen eine 60minütige Schifffahrt auf dem Fluss. Auf dem kleinen Boot sind nur wenige Leute und wir geniessen die Ruhe und sind froh uns vom langen Fussmarsch, der Schrittzähler zeigt 20094 Schritte, etwas zu erholen.

​

Das kleine Schiff fährt vorbei am Theatermuseum Cricoteka, wo mit eigenwilliger Architektur ein Altes Gebäude von einem Neuen überdacht wird. Über uns überspannt eine grosszügige Brückenkonstruktion nur für Fussgänger und Radfahrer mit je einer separaten Fahrbahn den Fluss. Bei der Brücke Powstancow Slaskich wenden wir, fahren wieder vorbei am Königsschloss bis zum Norbertiner Kloster am Rande der Stadt um dann wieder zum Ausgangspunkt zurückzukehren.

​

Langsam knurrt uns der Magen und wir verpflegen uns auf einem der Restaurant-Schiffe mit Burger und warmem Apfelkuchen bevor wir den Rückweg durch die Altstadt antreten. Es ist bald 19.00 Uhr bis wir wieder «zu Hause» sind und einen ruhigen Abend im trauten Heim geniessen.

​

​

Montag, 21.09.2020

Von Krakau nach Zakopane, 123 Km

​

Problemlos verlassen wir auf der gut ausgebauten Schnellstrasse, die meiste zwei- oder gar dreispurig geführt wird, die schöne Stadt Krakau in Richtung Hohe Tatra im Grenzgebiet zur Slowakei.

​

In Rabka-Zdrój verlassen wir die Autostrasse, denn wir wollen in Chocholów einen Zwischenhalt einlegen. Gemäss Reiseführer ist das Dorf geprägt von den traditionellen Holzhäusern, wie sie in Südpolen gebaut wurden. Tatsächlich sind die Strassen gesäumt von schönen, alten Holzhäusern. Wie bei Blockhäusern sind massive Balken verbaut und die Ritzen mit Lehm abgedichtet.

​

Jetzt ist es nicht mehr weit bis Zakopane, dem Hauptort der Region und einer beliebten Wintersport- und Wanderdestination. Auf dem Campingplatz Olimp, nahe der Sprungschanze, stellen wir unser Auto ab und machen uns auf, im nahen Wald nach Pilzen zu suchen. Leider bleibt die Suche, bis auf ein paar wenige Eierschwämmli, erfolglos.

​

Wir machen deshalb einen Abstecher ins geschäftige Zentrum des Ortes. Hier reiht sich Restaurant an Restaurant und in unzähligen Souvenirshops wird allerhand Kitsch angeboten. Am Strassenrand warten Kutscher in traditionellen Trachten auf Kundschaft.

​

Wir kehren auf den Campingplatz zurück. Am Eingang steht ein hoher Kran von dem sich Wagemutige am Gummiseil in die Tiefe stürzen können.

​

Morgen wollten wir eigentlich mit der Bergbahn auf den Hausberg Kasprowy Wierch (1987 m) und dann wieder ins Tal wandern. Wegen Corona müssen die Tickets aber vorausbestellt werden und am Dienstag sind nur am Nachmittag noch Plätze verfügbar. Wir reservieren deshalb die Seilbahn für Übermorgen und werden uns für Morgen eine andere Tour aussuchen.

​

 

Dienstag, 22.09.2020

Wandern in der Hohen Tatra

​

Heute ist wieder einmal Wandern angesagt. Das Wetter spielt ja immer noch mit. Wir haben zwar kühle Nächte, aber tagsüber ist der Himmel wolkenlos und es ist angenehm warm. Der Plan ist, dass wir zum Bergsee Morsikie Oko (Auge des Meeres) wandern. Es handelt sich dabei um den grössten See im Tatra Nationalpark und dessen meist besuchte Attraktion. Dies bewahrheitet sich auch heute, obwohl wir bei der etwa 20 Km langen Anfahrt noch das Gefühl haben, es seien recht wenige Autos unterwegs, stehen wir schon einige hundert Meter vor dem grossen Parkplatz, von dem aus die Wanderung startet, vor einer langen Autokolonne.

​

Der hinterste Parkplatz ist bereits voll, und die Autos werden auf die slowakische Seite der Grenze umgeleitet, wo auch Parkmöglichkeiten vorhanden sind. Beim zweiten grossen Parkplatz auf polnischer Seite ist zwar noch Platz, eingelassen wird aber nur, wer online ein Ticket gebucht hat. Wir entschliessen uns daher umzukehren, sind aber ziemlich enttäuscht.

​

 Nach einigen Kilometern finden wir dann endlich eine Abstellmöglichkeit am Strassenrand. Wir müssen entlang der Strasse etwa einen Kilometer zurückmarschieren, und erreichen dann endlich einen ebenfalls vollen Wanderparkplatz mit dem Beginn eines Wanderweges. Zuerst müssen wir aber noch den Parkeintritt von 6 Zloty pro Person bezahlen.

​

Der Wanderweg führt leicht ansteigend durch den Wald. Doch vorher studieren wir noch die Hinweistafeln wie man sich beim Zusammentreffen mit Wölfen und Bären, die in der Gegend heimisch sind, verhalten soll. Nach etwa 30 Minuten erreichen wir eine kleine Kirche. Das Sanktuarium Matki Bozej Jaworzyriskiej Krolowej Tatr. Eine ältere Frau erklärt uns auf französisch, dass der Wallfahrtsort von Dominikanerinnen geführt wird. In der kleinen Kirche knien einige Besucher und beten. Wir möchten nicht stören und verzichten deshalb auf Fotos des schönen Innenraumes.

​

An einer Felswand ausserhalb der Kirche sind viele Gedenktafeln für die in den Bergen verunglückte Menschen angebracht.

​

Wir setzen unsere Wanderung fort und erreichen bald die Alp Polana Rusinowa auf 1209 m. Hier rastet eine stattliche Anzahl Wanderer, denn von vier Seiten führen Wanderwege auf den sonnigen Aussichtspunkt. Auch wir erholen uns kurz und betrachten eine Schafherde in einem Gatter. Obwohl die Tiere mit ihrem dicken Fell offensichtlich recht heiss haben, liegen sie alle dicht gedrängt im Gras.

​

Wir entschliessen uns den Anstieg zum Gipfel Gesia Szyja fortzusetzen, obwohl die unzähligen Treppenstufen, die den Hang hinaufführen Respekt einflössen. Aber schliesslich ist Treppensteigen ja gut für einen straffen Hintern.

Wir kommen ganz schön ins Schwitzen und Schnaufen bis wir den Gipfel auf 1489 m erreichen. Doch dafür gibt es als Belohnung Wurst und Brot. Auf dem felsigen Gipfel geniessen wieder viele Wanderer die Aussicht auf die umliegenden Berge. Die meisten gehen aber auf dem gleichen Weg wieder zurück auf die Alp Polana Rusinowa. Wir entscheiden uns für den Abstieg auf der anderen Seite und sind jetzt fast allein. Dementsprechend ist der Weg auch nicht so gut ausgebaut. Nur eine kleine Unachtsamkeit und schon mache ich einen Salto. Hat aber nichts gemacht, ausser einer kleinen Schürfung am Knie.

​

In einem weiten Bogen mit Auf- und Abstiegen führt der Weg durch einen stark gelichteten Wald mit vielen abgestorbenen Bäumen. Doch überall wachsen junge Laub- und Nadelbäume, welche die Lücken füllen werden.

Endlich erreichen wir wieder die Alp Polana Rusinowa und schauen noch zu, wie die Schafe im Gatter geduldig darauf warten, eines nach dem anderen gemolken zu werden. Die Herdenschutzhunde, die noch angekettet sind reklamieren aber mit lautem Bellen.

​

Auf dem gleichen Weg wie beim Aufstieg gehen wir wieder in Richtung Parkplatz. Das Sanktuarium, welches beim ersten Besuch noch dicht bevölkert war ist jetzt leer, so dass wir doch noch ein paar Fotos von der Kirche machen können.

​

​

Mittwoch, 23.09.2020

Wanderung vom Kasprowy Wierch (1987m) nach Zakapone (877m)

​

Vorgestern haben wir ja im Internet die Karten für die Seilbahn auf den Kasprowy Wierch reserviert. Und zwar für die Fahrt Nr. 18 um 11.50 Uhr.

​

Heute sehen wir bereits die Vorboten der vom Wetterbericht vorausgesagten Kalt- und Regenfront, denn die Berge sind zum Teil in Wolken gehüllt. Wir packen deshalb auch noch die Regenausrüstung ein und machen uns zu Fuss auf den Weg zur etwa 3 Km entfernten Talstation in Kuznice. Die Zufahrt ist nur für Hotelgäste, Taxis und Pferdekutschen erlaubt. Die meisten Leute gehen aber, wie wir, zu Fuss.

​

Nach etwa ¾ Stunden erreichen wir die Talstation, wo sich bereits eine lange Kolonne von Wartenden vor der Kasse gebildet hat. Alles Touristen OHNE reservierte Fahrkarte. Wir können durch einen separaten Eingang. Dort wird das Billett auf dem Handy kontrolliert, und da dieses personalisiert ist, mit den Ausweisdaten verglichen. Die Bahn fährt alle 10 Minuten und es werden wegen Corona nur 30 statt 60 Personen pro Fahrt befördert. Wir müssen nur 2 Fahrten abwarten, dann können wir die Gondel besteigen. Nach dem Umsteigen an der Mittelstation erreichen wir bald den Gipfel. Hier bläst ein eisiger Wind und es ist nur noch 7° warm. Wir holen also die Jacke aus dem Rucksack und packen uns warm ein.

​

Währen der Fahrt auf den Gipfel gab es einige Informationen ab Band. So ist die Hohe Tatra das einzige alpine Gebirge in Polen, mit 50 Km Länge und 20 Km Breite ist es allerdings recht klein. Schon gestern sind uns die vielen umgestürzten Bäume aufgefallen, genauso wie bei der heutigen Bergfahrt. Diese Schäden stammen von einem starken Sturm im Jahr 2014.

​

Am Wegweiser orientieren wir uns und wählen für den Abstieg die sanftere Variante über den Osthang. Wieder ist der recht steile Weg mit Felsplatten ausgelegt. Aus diesem Grund sind fast keine Erosionsschäden erkennbar. Der Weg ist auch recht breit, so dass wir mit den vielen Wanderern die zu Fuss zum Gipfel hochsteigen problemlos kreuzen können. Es scheint, dass die Polen ein ausgesprochenes Wandervolk sind.

​

Über die Alp Gawra, wo der Weg für ein Stück flacher wird, und in einer Berghütte die Möglichkeit zum Einkehren besteht, gelangen wir zum Wegweiser Prelecz miedzy Kopami, immer noch auf 1499 Metern. Hier teilt sich der Weg wieder und wir wählen nicht jenen über den Grat, sondern durch das Tal Dolina Jaworzynka. Es geht wieder recht steil durch den Wald in Richtung Kuznice und immer noch kämpfen sich viele Wanderer den Berg hoch. 

Endlich erreichen wir den Talgrund und jetzt geht es auf einem breiten Spazierweg zur Talstation der Bergbahn und von dort wieder zu Fuss zurück zum Camping Olimp.

​

Jetzt gibt es zuerst einmal ein Bier für Elsbeth und ein Glas Mineralwasser für mich und danach eine warme Dusche. Wir spüren beide das Alter, Elsbeth hat schmerzende Knie und mir tun die Füsse weh. Da das Wetter in den nächsten Tagen schlechter wird, haben wir jetzt die Möglichkeit uns zu schonen und die «Bräschten» auszukurieren.

Der Campingplatz ist jetzt fast leer, deshalb können wir beim Nachtessen drei Hirschkühe beobachten, die ohne Scheu über den Platz gehen.

​

​

Donnerstag, 24.09.2020

von Zakopane nach Smolnik, 236 Km

​

Heute soll es wieder etwas vorwärts gehen. Nachdem es gestern Abend einmal kurz geregnet hat, scheint heute wieder die Sonne und es ist über 20° warm. Wir verabschieden uns von Zakopane und fahren weiter in Richtung Osten. Unser Ziel ist der Bieszczady Nationalpark ganz im Osten des Landes an der ukrainischen Grenze.

Auf der viel befahrenen Strasse tuckern wir über Nowy Targ nach Debno, einem kleinen Ort am See Jezioro Czorsztynskie. Dort befindet sich eine der vielen Holzkirchen, wie sie in vielen der kleinen Dörfer im Südosten Polens zu finden sind. Die Pfarrkirche des Erzengels Michael stammt aus der Mitte des 15. Jahrhunderts und ist im Innern mit wunderbar bunten geometrischen, figürlichen und floralen Motiven bemalt. Seit 2003 steht die Kirche auf der Liste des Weltkultur- und Naturerbes der UNESCO.

​

Langsam wird die bis anhin dicht besiedelte Landschaft wieder ländlicher und hügeliger. Über uns ziehen sich schwarze Gewitterwolken zusammen und heftiger Regen prasselt nieder. Doch schon bald verziehen sich die Wolken und die Sonne scheint wieder.

​

Der erste Übernachtungsplatz in Komancza, den wir anfahren, sagt uns nicht zu. Es ist lediglich ein Parkplatz entlang einer Strasse in einem Wohnquartier. Wir versuchen es daher etwa 15 Kilometer weiter in Smolnik. Dort finden wir an einem kleinen Bach einen Wanderparkplatz und stellen unser Brummsli ab. Es steht zwar noch ein Reisecar da, der auf seine Fahrgäste wartet. Doch schon bald kehren dies mit vier Pferdekutschen von einer Ausfahrt zurück und wir haben den Platz ganz für uns allein.

​

 

Freitag, 25.09.2020

Von Smolnik nach Sanok, 202 Km

​

Gegen 9.00 Uhr machen sich auf unserem Übernachtungsplatz schon wieder Pferdekutschen bereit und warten auf Fahrgäste. Vermutlich wird wieder ein Reisebus vorbeikommen und seine Fracht entladen.

​

Wir machen uns aber auf den Weg um eine Rundtour durch den Bieszczady Nationalpark abzufahren, wie sie im Reiseführer vorgeschlagen ist. Das breite Tal nach Smolnik ist gesäumt von bewaldeten Hügeln und im Talgrund schlängelt sich die Ostawa mit Weiden bewachsenen Böschungen durch die Wiesen. 

​

Immer wieder kreuzen wir die Gleise einer Schmalspurbahn die aber vollständig überwuchert sind. Erst kurz vor Cisna ist die Bahn wieder befahrbar. Es handelt sich anscheinend um eine ehemalige Bergbaubahn, die zu touristischen Zwecken wieder betrieben wird. Auf jeden Fall stehen beim kleinen Bahnhof mehrere Reisebusse und die Touristen sind dabei die Wagons zu besteigen.

​

In Ustrzyki Gorne zweigen wir ab in ein Seitental und fahren bis zum Dörfchen Wolosate am Fusse des Tarnica, mit 1346 m einem der höchsten Berge der polnischen Wald-Karpaten. Die Parkplätze sind wieder sehr gut belegt und jede Menge Wanderer macht sich daran den Berg zu besteigen. Beim Einmünden auf den Wanderweg ist die Gebühr von 8 Zloty für den Nationalpark zu entrichten. Wir marschieren aber nicht bis zum Gipfel, sondern lediglich eine halbe Stunde den Berg hinauf. Dann kehren wir wieder um und setzen die Fahrt fort.

​

Wir sind fast an der ukrainischen Grenze und drehen jetzt nach Norden, vorbei an Solina, wo das Flüsschen San durch den mit 81.8 Meter höchsten Staudamm Polens zum verzweigten Solina-See gestaut wird. Der Wasserstand ist zurzeit recht niedrig, dürfte aber mit den in den nächsten Tagen erwarteten Regenfällen ansteigen.

​

Jetzt machen wir nochmals einen Schwenker nach Osten bis nach Rowina. Dort befindet sich nochmals eine alte Holzkirche. Es handelt sich um eine russisch-orthodoxe Kirche aus dem 17. oder 18. Jahrhundert. Die Kirche ist allerdings verschlossen und wir können den Innenraum nur durch die Gittertür betrachten.

​

Jetzt ist es nicht mehr weit bis zu unserem Tagesziel dem kleinen Städtchen Sanok. Der Wohnmobilstellplatz am Ufer des San ist zwar geschlossen. Auf dem Parkplatz des nahen Freilichtmuseums mit alten Häusern aus der Region, finden wir aber einen kostenlosen Platz.

​

Am Horizont zeigen sich zwar schon dunkle Regenwolken. Wir machen uns aber trotzdem auf, um das Städtchen zu besichtigen. In einer knappen halben Stunde erreichen wir das Zentrum. Der grosse Marktplatz mit den schön renovierten Häusern ist recht hübsch anzusehen. Im Königsschloss gleich nebenan werden Ikonen und Trachten ausgestellt.

​

Wir verpflegen uns auf dem Marktplatz in einem kleinen Restaurant und versuchen nochmals die Piroggen. Die sind zwar nicht ganz so gut wie im Kogel Mogel in Krakau, aber wir lassen es uns schmecken.

​

Kurz bevor es zu regnen beginnt sind wir wieder beim Parkplatz und verbringen dort den Abend.

 

​

Samstag, 26.09.2020

Von Sanok nach Lublin, 248 Km

​

Trotz der Regenschauer von gestern Abend war es die ganze Nacht trocken. Auch heute Morgen ist der Himmel zwar bedeckt, aber es fällt (noch) kein Regen.

​

Wir fahren Richtung Norden und haben als erstes Ziel das Städtchen Lancut auf dem Plan.

​

Wir erreichen Lancut gegen 11 Uhr und finden problemlos einen Parkplatz in der Nähe des Schlosses, der eigentlichen Attraktion der Kleinstadt. Der mächtige Magnat Stanislaw Lubomirski erwarb 1629 die Stadt Lancut und liess eine befestigte Residenz erbauen, die er 1641 bezog. Der Palast dient heute als Museum und zieht viele Besucher an. Beeindruckend ist auch der riesige Park mit dem uralten Baumbestand.

​

Wir setzen die Fahrt fort und schon bald fängt es an zu regnen. Wir kreuzen immer wieder die kilometerlange Baustelle einer neuen Autobahn die sich auf Lublin zu im Bau befindet. Dazu wurde eine breite Schneise in den Wald geschlagen und die Baumaschinen sind auch heute Samstag in Betrieb.

​

Gegen 15.00 Uhr sind wir am Ziel. Wir haben uns einen kostenlosen Parkplatz nahe der Universität als Übernachtungsplatz ausgesucht. Dieser wird am Wochenende kaum genutzt und von dort ist die historische Altstadt zu Fuss gut zu erreichen. Lublin ist mit fast 400'000 Einwohnern die grösste Stadt im Südosten Polens und besitzt viele historische Gebäude, sowie eine grosse Universität.

​

Obwohl immer wieder Regen fällt, gehen wir zu Fuss ins Zentrum. Durch das Krakauer Tor, einem der wenigen Überbleibsel der einstigen Stadtbefestigung, gelangen wir zum Marktplatz der wie üblich von alten, schön restaurierten Häusern umgeben ist. In der Nähe der Dominikanerkirche befindet sich ein kleiner Platz, von wo der Blick auf das Schloss Lublin frei ist. Dieses wurde im 14. Jahrhundert erbaut und immer wieder umgestaltet.

Immer wieder fällt starker Regen und wir müssen Unterschlupf suchen. Deshalb sausen wir nur noch rasch zur Kathedrale. Im spärlich beleuchteten Inneren ist der Altar kaum zu erkennen. Nur in einigen Seitenkapellen brennt Licht und dort ist die prunkvolle Ausgestaltung des Gotteshauses zu erkennen.

​

Wir machen uns wieder auf den Heimweg und durchqueren dabei den neu gestalteten Parc Litewski mit seinen bunt beleuchteten Wasserfontänen. Wir sind allerdings schon ziemlich durchnässt und beeilen uns daher, unser Brummsli zu erreichen, das jetzt fast alleine auf dem grossen Parkplatz steht, der von 22 – 06 Uhr geschlossen wird und nur noch zu Fuss zugänglich ist.

​

Wir entledigen uns der nassen Sachen und deponieren diese zum Trocknen in der Fahrerkabine, die wir mit der Standheizung auf tropische Temperaturen aufheizen.

​

Der 26. September ist unser kirchlicher Hochzeitstag. Da uns das Wetter einen Strich durch die Rechnung gemacht hat, essen wir heute im Wohnmobil und zur Feier des Tages gibt es polnische Berliner Würstchen, Salat und Nüssli mit einem Glas Weisswein.