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ALASKA

Von Tuktoyatuk zurück nach Dawson und weiter auf den Dalton Highway in Alaska
2. August bis 18. August 2024


Von Tuktoyatuk geht es jetzt auf der gleichen Strecke zurück nach Dawson City. Wir gehen es wieder gemütlich an und rechnen erneut 4 Tage für die ganze Strecke ein. Zum einen haben wir es schlicht nicht eilig und zum anderen beginnt die Rückfahrt bei nassem und kaltem Wetter. Für die nächsten Tage ist allerdings wieder sonniges und warmes Wetter angesagt. Wir fahren deshalb am ersten Tag nur etwa 196 km bis zu einem der Territorial-Campingplätze. Diese sind zwar einfach, ohne Ver- und Entsorgung. Bieten aber grosszügige Stellplätze mit Picknick-Tisch, Feuerstelle, Feuerholz und Toiletten. Der Preis von 20 CAD ist bescheiden. Ärgerlich ist allerdings bei den Plätzen in den Northwest Territories, dass es hier, im Gegensatz zu anderen Provinzen, keine Entsorgungsstellen zum Recyceln gibt. Hier wird alles, inklusive Glas, PET (trotz Recyclinggebühr) mit dem Hausmüll irgendwo in der Wildnis vergraben.
Die nächsten drei Tage haben wir dann tatsächlich Traumwetter und geniessen die fantastische, wilde Landschaft, die grenzenlos scheint. Auch mit den Tieren haben wir Glück. Ein Karibu trottet vor uns auf der Schotterstrasse und ein Grizzly lässt sich unweit der Strasse bei der Beerensuche kaum stören.
In Dawson bringen wir den Luftdruck der Reifen wieder auf Normalwerte und tanken voll. Dann geht es ab in die Waschanlage. Mit dem Hochdruckreiniger entfernen wir eine dicke Dreckschicht von unserem Fahrzeug. Denn auch auf der Rückfahrt waren die Grader immer mal wieder im Einsatz und haben die oberste Schicht der Strasse abgehobelt und neu verteilt. Gleichzeitig wird die Strasse, zur Minderung der Staubentwicklung, intensiv gewässert. Die Flüssigkeit ist mit Kaliumchlorid versetzt, um die Feuchtigkeit länger zu binden. Es ist deshalb ratsam die Fahrzeuge nach solch einer Fahrt gründlich, auch am Unterboden, zu reinigen.
Die Nacht verbringen wir auf dem Midnight Dome, hoch über Dawson, von wo wir die Aussicht auf die Stadt, den Yukon und das bergige Umland schon vor einer Woche genossen haben. Der Parkplatz knapp unterhalb des Gipfels füllt sich nach und nach mit Wohnmobilen, welche die sich hier oben die Campingplatzgebühr sparen und dafür die tolle Aussicht geniessen wollen.
Wir sind eigentlich unserem Reiseplan eher etwas voraus. Deshalb entschliessen wir uns, bevor es nach Süden geht, einen Abstecher nach Alaska zu unternehmen. Dort möchten wir auf dem Dalton Highway nach Daedhorse und zur Prudhoe Bay fahren. Im hohen Norden wird Erdöl gefördert und in einer Pipeline bis nach Valdez, ganz im Süden von Alaska gepumpt. Dort wird dann das schwarze Gold auf Tanker umgeladen und verschifft.
Auch der Denali Nationalpark steht noch auf dem Programm. Dort reservieren wir den Campingplatz für drei Nächte und buchen den Bus, der im Park verkehrt. Der grösste Teil des Parks ist nämlich für den Privatverkehr gesperrt.
Am nächsten Morgen ist bei der Fähre die uns über den Yukon zum «Top of the World Highway» bringen soll noch nicht sehr viel los. Trotzdem müssen wir eine Weile warten, bis wir dran sind. Ein grosser Lastwagen und eines der riesigen Wohnmobile mit angehängtem Auto brauchen fast den ganzen verfügbaren Platz auf dem Schiff für sich alleine. Aber die kleine Fähre braucht ja nur knapp 10 Minuten für eine Fahrt hin und zurück und kämpft sich mit ordentlichem Tempo durch die starke Strömung des Flusses. Der Betrieb läuft ununterbrochen sieben Tage die Woche und 24 Stunden am Tag.
Die Strecke von 106 Kilometern bis zur US-Grenze sind bis auf wenige Kilometer ungeteert aber in recht gutem Zustand. Vom Yukon steigt sie erst einmal ordentlich an und führt dann hoch über den Tälern immer auf den Kreten der Hügelzüge entlang. Beidseits der Strasse dehnt sich die Wildnis bis zum Horizont aus.
Schliesslich erreichen wir den Zoll. Es scheint hier nicht allzu viel los zu sein. Der Zollbeamte möchte wissen, ob wir Waffen, Drogen oder Sprengstoff (Bearbangs) oder Feuerholz mitführen. Was wir alles verneinen können. Dann bittet er uns ins Zollgebäude wo wir fotografiert werden und die Fingerabdrücke mit dem Biometrischen Pass verglichen werden. Dann bekommen wir den Stempel der uns zum Aufenthalt in den USA für 6 Monate, also bis zum 6. Februar 2025, berechtigt. Danach müssen wir kurz ausreisen, etwa nach Mexico, und können danach hoffentlich für weiter 6 Monate die Berechtigung erhalten. Das ging ja alles total unkompliziert und freundlich von Statten.
Kurz nach der Grenze biegen wir von der perfekt asphaltierten Strasse ab auf den Taylor Highway nach Eagle. Auf der schmalen Naturstrasse geht es wieder eher ruppig zu und her. Glücklicherweise kommt uns auf der 100 Km langen Strecke kaum ein Auto entgegen, denn Streckenweise ist kreuzen echt schwierig.
Schliesslich erreichen wir das historische Örtchen, das am Ufer des Yukon liegt. Neben einem Schulhaus und einem Hotel mit Einkaufsladen stehen hier einige geschichtsträchtige Gebäude, wie ein altes Gerichtsgebäude, die alte City-Hall von 1901 und Reste des Fort Egbert. Im Amundsen Memorial Park wird daran erinnert, dass Roald Amundsen am 5. Dezember 1905 von hier aus ein Telegramm an Fridtjof Nansen sandte, um mitzuteilen, dass die Nordwest Passage gefunden wurde. Das ist die Schifffahrtsroute vom Atlantik in den Pazifik durch das Nördliche Eismeer.
Vom herrlich, im kühlen Wald, gelegenen Campingplatz unternehmen wir einen Spaziergang ins Dorf um uns die Sehenswürdigkeiten genauer zu betrachten. Dabei kommen wir auch an der Energiezentrale vorbei, wo der Strom nicht nur durch riesige Dieselgeneratoren, sondern auch durch eine grosse Solaranlage erzeugt wird. Am Fluss berichten Informationstafeln davon, dass im Ort schon mehrmals Gebäude durch Flutwellen und zurückgestaute Eismassen des Yukon zerstört wurden.
Den Abend verbringen wir auf dem Campingplatz, wo sich nur einige Radfahrer mit ihren Zelten und ein weiteres Wohnmobil eingefunden haben. Einmal mehr sind wir erstaunt, wie wenige Mücken hier ihr Unwesen treiben. Ganz anders als in Labrador, wo uns Blackflies und Moskitos das Leben schwer gemacht haben. Mal schauen, wie es dann weiter im Norden ist. Möglicherweise fühlen sich die Blutsauger dort wohler als hier.
Für die 100 Kilometer zurück zur Hauptstrasse brauchen wir fast zwei Stunden. Unverhofft kommt uns auf der schmalen Strasse ein grosser Sattelschlepper entgegen, der Baumaterial nach Eagle bringt. Zum Kreuzen müssen wir nur ein kurzes Stück zu einer Ausweichstelle zurücksetzen, dann kommen wir gut aneinander vorbei und erreichen bald den von Dawson City kommenden «Top of the World Highway», der ab der Eagle Junktion als «Taylor Highway» weiter nach Westen führt. Mit dem schönen Asphalt, wie wir in ab der US-Kanadischen Grenze vorgefunden haben ist es jetzt auch vorbei. Die schöne Strasse wurde anscheinend nur für den «ersten guten Eindruck» so vorbildlich ausgebaut. Jetzt geht es ruppig mit vielen Schlaglöchern und Querrillen, in ständigem Auf und Ab weiter bis zu unserem Tagesziel «Chicken». Der abgelegene Ort, eine alte Goldgräber- und Trappersiedlung, wurde durch das Buch «Tisha» von Anne Purdy bekannt, worin die Autorin ihr Leben als Lehrerin im damals noch komplett von der Aussenwelt abgeschnittenen Wildnisnest beschreibt.
Neben einer Tankstelle gibt es hier gleich mehrere Campingplätze. Wir entscheiden uns für einen kostenlosen Stellplatz, der bei einer Ansammlung von vier kleinen Geschäften angeboten wird. Der Souvenirshop, der Liquor Store, der originelle Saloon und ein Café gehören alle zusammen und sind miteinander verbunden. Das Personal wechselt, je nach Bedarf von einem Geschäft zum anderen. Im Saloon, dessen Decke vollständig mit Baseballcaps bedeckt ist, genehmigen wir uns als Entschädigung für die Übernachtungsmöglichkeit je ein Bier. Der Preis von 18 USD erscheint uns allerdings happig.
Jetzt wollen wir uns den Ort aber auch noch anschauen. Wir gehen hoch zur Hauptstrasse, wo gemäss unserer Karte der Zugang zum historischen Städtchen sein sollte. Eine Kette und ein Schild mit dem Hinweis auf Privatbesitz verwehrt aber den Zugang. Bein nächsten Strässchen steht ein Schild «Post Office» und führt zu einem kleinen, mit Blumen geschmückten, Blockhaus. Eine Tafel mit der Beschriftung «United States Post Office, Chicken, Alaska 99732» zeigt uns, dass wir hier richtig sind. Eine Frau ist bereits mit zwei Motorradfahrern im Gespräch. Wir stellen uns dazu und erkundigen uns nach dem Dorfkern. Mehr gibt es nicht, ist die Antwort. Nebenan steht noch die alte Town Hall. Der historische Kern ist unbewohnt, in Privatbesitz und kann nur im Rahmen von Führungen besichtigt werden. Die Dame ist die Posthalterin und die einzige Person, die ganzjährig hier lebt. Die Tankstelle, Campingplätze und Läden sind nur während wenigen Monaten geöffnet. Sie verkauft hauptsächlich Briefmarken und stempelt Postkarten und Briefe mit dem Stempel von Chicken ab. Am Blockhaus zeigt sie uns noch Kratzspuren die ein Bär in den letzten Tagen hinterlassen hat.
Beim Chicken Gold Camp Campingplatz steht noch ein überdimensionales «Chicken» und ein historisches Baggerschiff, mit dem in den Flüssen nach Gold gesucht wurde. Auf dem Campingplatz können die Gäste ihr Glück auch beim Goldwaschen versuchen.
Unser kostenloser Übernachtungsplatz füllt sich im Laufe des Nachmittags zusehends bis kaum noch eine Lücke frei ist und ein Bus mit deutschen Touristen bringt dem Laden und den Gastbetrieben etwas Umsatz.
Am nächsten Morgen geht es weiter in Richtung Fairbanks. Dabei stossen wir wieder auf den «Alaska Highway», den wir schon in Kanada ab Dawson Creek bis Watson Lake befahren haben. In Tok, einem Zentrum für Schlittenhunde, machen wir einen längeren Halt um wieder einmal Wäsche zu waschen. Im gut ausgestatteten Waschsalon gibt es genügend Maschinen, so dass wir nach knapp zwei Stunden bereits alles gewaschen, getrocknet und wieder verstaut haben. Auch die Betten sind frisch bezogen und duften wieder wunderbar frisch.
Hier haben wir auch das erste Mal, seit wir in Alaska sind wieder Netzabdeckung mit dem Mobiltelefon. Es wundert also nicht, dass hier die Star Link Satellitenantennen von Elon Musk weit verbreitet sind. Weder in Chicken noch in Eagle hat das Handy viel gebracht. Im Restaurant in Chicken gab es wenigstens WiFi und so konnten wir Mails und WhatsApp checken.
Die Nacht verbringen wir am Moon Lake auf dem Recreation Site Campingplatz, herrlich gelegen am See. Und hier gibt es auch keine Nachbarn, die zu nahe parkieren. Die Stellplätze sind wie immer grosszügig und mit viel Abstand. Trotzdem grüsst jeder beim Vorbeigehen und redet ein paar Worte. Es ist einfach toll, das Camperleben.
Nach einer regnerischen Nacht geht es heute 300 km weiter bis nach Fairbanks. Kurz bevor wir die ehemalige Goldgräberstadt erreichen, machen wir aber im kleinen Ort «North Pole» einen kurzen Halt. Hier steht eine über 12 Meter hohe Nikolausstatue neben einem grossen Weihnachtsmarkt. Hierher schicken amerikanische Kinder ihre Wunschzettel für den Weihnachtsmann oder können sich das ganze Jahr hindurch mit dem Nikolaus fotografieren lassen. Auch die Strassen sind ständig weihnächtlich geschmückt und beleuchtet.
Während der Fahrt auf dem Dempster Highway haben wir an der Windschutzscheibe zwei kleine Schäden durch Steine eingefangen. Da es in Dawson keine Reparaturmöglichkeit gibt, wollen wir das hier nachholen. Firmen, die auf die Reparatur von Frontscheiben spezialisiert sind, gibt es hier in Fairbanks mehrere. Das Problem scheint bei den vielen Schotterstrassen weit verbreitet. Die erste Firma ist zwar bis nächste Woche ausgebucht, schon wenige hundert Meter weiter kann die Reparatur sofort vorgenommen werden und ist nach 15 Minuten auch schon erledigt.
Es folgt jetzt noch ein Grosseinkauf für die nächsten Tage, wobei die hohen Preise in Alaska zünftig zu Buche schlagen. Diese sollen rund 1/3 höher liegen als im Rest der USA.
Beim Pioneer Park gibt es auf dem grossen Parkplatz für 12 USD eine günstige Übernachtungsmöglichkeit. Im Stadtpark mit einem Freilichtmuseum kann der Besucher einen Ausflug in die Pionierzeit von Fairbanks unternehmen. Zahlreiche historische Gebäude aus der Umgebung wurden hierher umgesiedelt und zu einer authentischen, kleinen Stadt aus der Zeit des Goldrausches vor 100 Jahren wieder aufgebaut. Allerdings ist die Saison fast zu Ende und viele der Geschäfte sind bereits geschlossen. Auch der Besucherandrang hält sich in Grenzen. Dafür gibt es in den Souvenirshops zum Teil bis 25% Rabatt.
Die nächsten 10 Tage, ab dann haben wir den Campingplatz im Denali Nationalpark reserviert, machen wir nochmals einen Abstecher in den hohen Norden. Auf dem Dalton Highway soll es bis nach Deadhorse gehen. Ganz im Norden Alaskas wird an der Prudhoe Bay Oel gefördert und durch die Trans-Alaska-Pipeline bis nach Valdez, ganz im Süden Alaskas, gepumpt. Deadhorse ist eigentlich keine Stadt, sondern ein Industriecamp, von wo aus die Prudhoe Bay Ölfelder unterhalten werden. Der Dalton Highway wurde 1974 innerhalb von nur 5 Monaten als Servicestrasse entlang der Pipeline gebaut. Die Distanz ab Fairbanks betragt etwa 800 Kilometer. Für den Privatverkehr wurde die Strasse erst in den 1990er Jahren freigegeben.
Bevor wir nach Norden aufbrechen schauen wir noch bei einem Sportgeschäft vorbei um uns einen zweiten Bärenspray zu besorgen. Denn auch Elsbeth soll immer einen dieser Pfeffersprays, die bis 9 Meter Reichweite haben, bei sich tragen. Bei dieser Gelegenheit kaufen wir auch noch eine Goldwaschpfanne und ein Paar Gummistiefel, denn am Dalton Highway darf in einigen der Bäche und Flüsse auf dem öffentlichen Land, dem sogenannten BLM (Bureau of Land Management), Gold gewaschen werden. Wer weiss, vielleicht ergibt sich ja die Gelegenheit unser Glück zu versuchen.
Auf dem Weg nach Norden verlieren wir auf endlosen, bis 20 Kilometer langen, Baustellen, die wir nach langem Warten hinter einem Pilotfahrzeug passieren müssen, viel Zeit. Schliesslich erreichen wir die Tafel, die den Beginn des Dalton Highway markiert. Die Strasse ist inzwischen nicht mehr asphaltiert und wegen dem Regen der letzten Nacht ziemlich aufgeweicht und matschig, sonst aber in recht gutem Zustand. Auch über diese Strasse wird in Reiseführern und im Internet zum Teil über prekäre Strassenverhältnisse berichtet.
Den Yukon River überqueren wir auf einer Brücke. Hier befindet sich auch die erste Tankmöglichkeit beim Yukon River Camp Motel. Trotz des happigen Preises von 7.49 USD für eine Gallone (in Fairbanks waren es noch 3.89 USD) füllen wir den Tank und erkundigen uns gleich noch nach dem Strassenzustand. Dieser soll gemäss Kassiererin für die nächsten 60 Meilen, bis zum Polarkreis, ziemlich ruppig sein. Wir wollen es trotzdem versuchen, denn umkehren können wir ja jederzeit.
Tatsächlich geht es auf einer gut planierten Piste zügig voran. Im Gegensatz zum Dempster Highway sind hier nur wenige Wohnmobile unterwegs. Dafür herrscht reger Lastwagenverkehr. Eine der Regeln bei der Benützung des Dalton Highway lautet, dass Transportfahrzeuge immer Vortritt haben. So fahren wir immer zur Seite, wenn wir einen der Brummer im Rückspiegel sehen und lassen uns überholen.
Wir übernachten auf einem kostenlosen Campingplatz, nur wenige Kilometer nach dem Yukon River Camp Motel.
Das Wetter hält sich ganz ordentlich. Am Abend und währen der Nacht regnet es zwar immer wieder, am Morgen zeigt sich aber die Sonne. Die Strasse ist weiterhin in gutem Zustand ohne Waschbrett oder Schlaglöcher, aber mit sehr viel Matsch. Beim Finger Mountain machen wir einen kurzen Stopp mit Spaziergang auf dem Lehrpfad mit Tafeln zu Flora, Fauna und Geologie. Der markante Felsen gleicht einem Zeigefinger, der in den Himmel ragt, daher der Name.
Auch beim Polarkreis gibt es den obligaten Fotostopp. Danach geht es weiter bis nach Coldfoot, der nächsten Tankmöglichkeit. Auch hier füllen wir den Diesel zu happigen Preisen wieder auf. In der Nähe des ehemaligen Goldgräberstädtchens wurde der offizielle US-Temperaturrekord mit minus 62°Celsius gemessen, daher wohl auch der Name, der noch aus der Goldgräberzeit stammt. Im kleinen Ort gibt es ein Visitor-Center mit schöner Ausstellung. Hier bekommen wir auch einen Prospekt zum Goldwaschen. Es ist bei jedem Bach festgelegt, bis zu welcher Entfernung von der Strasse Gold gesucht werden darf. Ausserhalb des BLM Landes werden dann wieder Claims abgesteckt, von denen man sich besser fern hält.
Vorerst geht es auf einer tadellosen Asphaltstrasse und mit guter Mobilabdeckung weiter. Erst allmählich wird die Strasse schlechter und im Strassenbelag klaffen grosse und tiefe Löcher, die auch von den Lastwagen umfahren werden. Es ist deshalb fast eine Erleichterung als wir wieder auf Naturstrasse fahren können. Doch auch diese ist nicht mehr so komfortabel wie zu Anfang und weist lange holprige Passagen mit vielen Steinen auf.
Als wir den 1444 Meter hohen Atigun Pass überqueren regnet es und die Berggipfel rundherum erhalten einem weissen Schneeüberzug. Für uns wird es langsam Zeit einen Übernachtungsplatz, etwas abseits der Strasse, zu suchen. Auf einem Kiesplatz am Atigun River richten wir uns für die Nacht ein, nachdem wir die Trittstufe vom Wohnmobil von einer dicken Dreckschicht befreit haben.
Die letzte Etappe von etwa 270 Kilometern bis Deadhorse fahren wir bei wechselhaftem Wetter, einmal regnet es in Strömen und bald scheint wieder die Sonne. Schon bald verlassen wir die wilden Berge der Brooks Range und erreichen die endlose Tundra. Auffällig sind hier die zahlreichen Jäger, die nahe der Strasse in Zelten übernachtet haben und jetzt in Tarnanzügen und mit Pfeil und Bogen auf die Jagd gehen. Feuerwaffen dürfen erst 5 Meilen von der Strasse entfernt verwendet werden. Die Strasse ist eher ruppig mit vielen Steinen und Dreck. Erst kurz vor Deadhorse rollen wir wieder bequem auf einer Asphaltstrasse.
Wir fahren in die Siedlung mit den Wohncontainern für die Ölarbeiter und den Supportanlagen für die Ölförderung. Umfangreiche Fahrzeugparks mit Raupenfahrzeugen warten auf den Einsatz im Winter. Denn die Arbeiten laufen hier das ganze Jahr weiter und auch der Dalton Highway wird offengehalten. Deshalb gibt es auch Installationen, wo die Autos der Arbeiter an den Strom angeschlossen werden können um die Motoren vorzuheizen. Nur für den Privatverkehr wird von Winterfahrten abgeraten.
An einer der beiden Tankstellen füllen wir den Tank für die Rückfahrt und statten dem örtlichen Supermarkt einen Besuch ab. Lebensmittel sind hier allerding, bis auf Snacks, kaum erhältlich. Die Arbeiter werden schliesslich von ihren Arbeitgebern verpflegt. Lediglich Souvenirs, warme Kleidung und Werkzeug wird angeboten. Wir werden deshalb auf der Rückfahrt selber ein Brot backen müssen.
Die Zufahrt zum Eismeer ist aus Sicherheitsgründen gesperrt. Wir buchen deshalb für Morgen 08.30 Uhr eine geführte Tour zu den Ölfeldern und zum Strand. Die Nacht verbringen wir unweit vom Camp am Ufer des Sagavanirktok River, der in einem riesigen Flussbett an uns vorbeifliesst.

Wir starten zur Tour durch das Ölfeld von Prudhoe Bay. Die Sicherheitsvorschriften sind sehr streng. So müssen wir den Pass abgeben und die Personalien werden für die Sicherheitsfirma aufgenommen. Auch müssen wir zum Schutz vor Glassplittern im Falle einer geborstenen Fensterscheibe durch einen Stein auf der Schotterstrasse eine Schutzbrille tragen. Die Vorschrift steht immer noch im Sicherheitsreglement, das aus den Anfängen der Ölförderung in den 1960er Jahren stammt, obwohl das Sicherheitsglas inzwischen erfunden wurde.

Wir erfahren von unserem Reiseführer, dass viele der Anlagen hier langsam in die Jahre gekommen sind, und ein Auslaufen der teuren Ölförderung hier am Ende der Welt absehbar ist. So hat die Pipeline auf Grund ihres Alters nur noch einen Bruchteil der ursprünglichen Kapazität. Zudem muss das Rohöl im Winter aufgeheizt werden, damit es in der 800 Meilen langen Leitung bis Valdez transportfähig ist. Das verteuert die Produktion zusätzlich. Trotzdem wurde in der Region mit dem Fracking begonnen, um die Ausbeute zu erhöhen. Im Sommer arbeiten in Prudhoe Bay 2000 – 3000 Arbeiter. Im Winter steigt deren Anzahl auf über 5000. Eine Schicht dauert drei Wochen, während der durchgearbeitet wird. Danach fliegen die Mitarbeiter für drei Wochen nach Anchorage und von dort weiter zu ihren Familien.

Neben vielen Informationen zum Ölfeld erfahren wir von Jack auch viel zu den Vögeln die hier brüten. So sehen wir etliche Schwanenpaare und zahlreiche Gänse, die hier ihre Jungen grossgezogen haben und nächstens die Reise in den Süden antreten werden, wo sie im Süden der USA, Mittel- oder Südamerika den Winter verbringen. Es gibt Vogelarten, die vom Norden Alaskas bis nach Tasmanien fliegen. Der Rekord für die enorme Strecke soll bei 11 Tagen liegen.

Wir passieren den Kontrollposten der Security, wo die Box mit unseren Ausweisen deponiert wird. Diese bekommen wir erst beim Verlassen des Geländes wieder. Nach ein paar Kilometern erreichen wir den Strand am Eismeer, wo einige tapfere ein Bad im eiskalten Wasser nehmen oder zumindest die Füsse nass machen. Dafür gibt es dann später ein Zertifikat. Auch die Weicheier denen das zu kalt war bekommen die Urkunde des «Arctic Polar Bear Club».

Auf der Rückfahrt entdecken wir hinter einer der Lagerhallen eine Herde von Karibus, die sich anscheinend hier wohl fühlen. Die Tiere ziehen jetzt für den Winter aus der Tundra in die Berge der Brooks Range. Das ist auch der Grund, warum wir bei der Herfahrt die vielen Jäger gesehen haben. Damit nicht genug, auf einer Kiesbank des Sagavanirktok River stehen drei Moschusochsen mit ihrem langen Fellkleid.

Nach der Verabschiedung machen wir uns gleich an die Rückfahrt. Wir haben Glück mit dem Wetter, denn es ist zwar kalt und es weht ein starker Wind, dafür haben wir weder Nebel noch Regen. Dafür werden wir auf der Strasse, die vor zwei Tagen noch eine Schlammpiste war, vom feinen Staub eingenebelt, wenn uns ein Lastwagen überholt. Die haben ihre Ladungen in Deadhorse deponiert und fahren jetzt umso schneller leer zurück.

Auf dem Campingpalt am Galbraith Lake haben auch einige Jäger ihr Lager aufgeschlagen und haben die erlegten und zerteilten Karibus an Holzgestellen an der kühlen Luft aufgehängt.

Am zweiten Tag machen wir kurz vor Coldfoot Halt. Im Gold Creek, einem der Flüsse in denen Gold gewaschen werden darf, wollen wir unser Glück versuchen. Allerdings bleiben wir erfolglos, es bleiben keine Nuggets, nicht einmal das kleinste Goldflöckchen, in der Pfanne zurück. Ausser Rückenschmerzen hat das Unterfangen nichts gebracht. Aber einen Versuch war es wert.

Weiter geht es auf der bekannten Route nach Coldfoot zum Auftanken und weiter bis zum Five Mile Campground, wo wir schon bei der Hinfahrt übernachtet haben. Während der Nacht beginnt es zu regnen und aus den staubtrockenen Pisten werden wieder Schlammbahnen die das Fahrzeug mit einer dicken Dreckschicht überziehen.

Trotzdem machen wir noch einen Abstecher nach Manley Hot Springs. Hier gibt es neben heissen Quellen auch eines der ältesten Roadhäuser Alaskas. Allerdings ist die Strasse dorthin noch in wesentlich schlechterem Zustand als der Dalton Highway und so werden die 100 Kilometer zur Geduldsprobe. Dafür sehen wir wieder einmal einen Schwarzbären, der knapp vor uns die Strasse überquert und im Dickicht verschwindet. Manley ist grösser, als wir es uns vorgestellt haben. Wenn man bedenkt wie weit von allem der Ort entfernt ist. Sogar ein Resort gibt es hier. Das Wetter ist jetzt derart schlecht und es regnet in Strömen, dass wir nur schnell ein Foto vom Roadhouse machen. Danach treten wir die Rückfahrt an und übernachten auf einem Schotterplatz am Fluss, der von Anglern genutzt wird.

Nach Fairbanks ist es jetzt nicht mehr weit. Zuerst folgt aber noch ein Abstecher nach Chena Hot Springs. Ein weiterer Ort der seine heissen Quellen vermarktet. Die Strasse dorthin ist asphaltiert und wesentlich angenehmer zu fahren als gestern nach Manley. Die Gegend hier ist ein beliebtes Ausflugsgebiet und da heute Samstag ist auch gut besucht. An Flüssen und Seen kann geangelt werden, es gibt viele Wanderwege und Quad-Trails und schliesslich die heissen Quellen am Ender der Strasse. Hier kann im warmen Wasser gebadet werden und es wird ein kleines Kraftwerk betrieben. Zudem gibt es in einer grossen Halle eine Ausstellung mit Eisskulpturen, die wir im Rahmen einer Führung besuchen. Der Preis von 20 USD scheint uns allerdings eher etwas überrissen. Wer einen Apfel-Martini aus dem Eisglas schlürfen möchte, zahlt nochmals 20 USD zusätzlich.

Am nächsten Morgen geht es dann zurück nach Fairbanks und zuallererst in die Autowaschanlage, wo wir unserem Brummsli ein intensives Schaumbad gönnen.

Bei der Universität spazieren wir durch den kleinen Botanischen Garten bevor wir der Innenstadt, die am Chena River liegt, noch einen Besuch abstatten. Auf den Besuch des Eismuseums verzichten wir, da wir ja gestern schon etwas ähnliches gesehen haben. Am Fluss liegt ein kleiner Park in der eine Turmuhr mit Glockenspiel steht. Zudem gibt es ein Inuit-Denkmal und ein Weltkriegsdenkmal. Hier findet auch alljährlich das Hundeschlittenrennen °Yukon Quest» über 1000 Meilen zwischen Fairbanks und Whitehorse in Kanada statt. In geraden Jahren Start in Fairbanks und Ziel in Whitehorse und in ungeraden Jahren in umgekehrter Richtung.

Übernachtet wird wieder beim Pioneer Park auf dem Parkplatz

Von Fairbanks zum Denali Nationalpark und weiter nach Südalaska
19. August bis 7. September 2024

 

Unser nächstes Ziel ist der Denali Nationalpark, etwa 200 Kilometer südlich von Fairbanks. Wir erledigen noch die letzten Einkäufe und machen den Tank voll, denn im Park gibt es keine Versorgungsmöglichkeit. Danach rollen wir bei regnerischem Wetter auf dem George Parks Highway AK3 entspannt dahin. Hier gibt es weder Schlaglöcher noch Querrillen. Lediglich die hier weit verbreiteten «Bumps» verlangen Aufmerksamkeit. Allerdings sind die tückischen Wellen in der Fahrbahn, die bei zu schneller Fahrt auch mal zum «Abheben» mit allen Rädern führen können, gut markiert.

Bevor wir bei der Campingplatz-Registration unsere Unterlagen für den reservierten Platz abholen können, besorgen wir uns beim Visitor-Center einen Jahrespass für die US-Nationalparks, denn der Parkeintritt kostet USD 15 pro Person. Der Jahrespass ist für USD 80 erhältlich und beinhaltet einen Karteninhaber und bis zu drei Begleitpersonen. Die charmante Rangerin meint es dann aber besonders gut mit uns. Sie verkauft uns den Seniorenpass, der eigentlich nur für US-Bürger oder dauerhaft in den USA wohnhafte Personen ab 62 Jahren gedacht ist, für 20 USD. Damit können wir beide bis August 2025 alle Nationalparks der USA kostenlos besuchen. Ich mache sie zwei Mal darauf aufmerksam, dass wir weder US-Bürger sind noch in den USA wohnen, darauf geht sie aber gar nicht ein.

Wir haben einen Stellplatz auf dem Teklanika Campground für drei Nächte reserviert. Dieser liegt bei Meile 29 auf der Parkstrasse, die ab dem Savage River nur noch von den Parkbussen, Fahrrädern oder zu Fuss genutzt werden darf. Wir erhalten deshalb bei der Campingregistration eine Bewilligungskarte, mit der wir am 19. August bis zum Teklanika Campingplatz und am 22. August wieder zurückfahren dürfen. Dazwischen dürfen die Fahrzeuge nicht bewegt werden. Deshalb haben wir zusätzlich den Shuttle-Bus gebucht. Damit können Nutzer des Teklanika Campingplatzes die Busse für den Preis einer Tageskarte, während des ganzen Aufenthaltes besteigen.

Ausgestattet mit allen nötigen Unterlagen nehmen wir das letzte Stück der heutigen Etappe in Angriff. Beim Savage River, wo die Teerstrasse endet, werden wir vom Ranger kontrolliert und nochmals über alle Regeln aufgeklärt: Busse haben immer Vortritt. Blinkt ein Bus mit dem rechten Blinker, darf er überholt werden. Ist der Pannenblinker an, darf nicht überholt werden. Dann wartet der Bus am Strassenrand, um einem entgegenkommenden Fahrzeug Platz zu machen. Jetzt ist alles klar und so erreichen wir bald unseren Stellplatz.

Wie von den Meteorologen vorausgesagt erwartet uns am nächsten Tag prachtvolles Wetter mit fast wolkenlosem Himmel. Unmittelbar bei der Einfahrt zum Campingplatz ist eine Busstation. Für die heutige erste Fahrt haben wir auf dem 10.10 Uhr Bus reservierte Sitzplätze. Ansonsten funktioniert das Ganze nach dem Hop-on Hop-off Prinzip. Die grünen Shuttles verkehren alle halbe Stunde von morgens um 6 Uhr ab dem Busdepot bis abends um 21 Uhr ab der Endstation am East Fork River. Es gibt nur wenige fixe Haltestellen, die Passagiere melden sich einfach beim Fahrer wenn sie aussteigen wollen. Wer zusteigen will, stellt sich an den Strassenrand und winkt dem nächsten vorbeifahrenden Bus. Wenn Platz vorhanden ist, kann man einsteigen. Während der Hochsaison kann es sein, dass erst der nächste oder übernächste Bus freie Plätze hat.

Es gibt hier fast keine markierten Wanderwege. Viele Parkbesucher wandern deshalb auf der ungeteerten Parkstrasse. Wer will kann aber auch abseits der Strasse querfeldein durch die Wildnis streifen. Gutes Kartenmaterial, Kompass, Bärenspray und Erfahrung sind, insbesondere bei schlechtem Wetter, von Vorteil.

Wir besteigen also den Bus und sind überwältigt von der grandiosen Bergwelt mit kilometerbreiten Tälern und ungezähmten Flüssen. Die Berggipfel sind von den Niederschlägen der letzten Nacht schneebedeckt. Der Fahrer, sowie die Passagiere halten Ausschau nach Tieren, die sich entlang der Strasse aufhalten. Allgegenwärtig sind die Arktischen Erdhörnchen (Arctic Ground Squirrels), die todesmutig am Strassenrand aufrecht stehen oder die Strasse überqueren. Auch die Schneehühner, die langsam ihr weisses Wintergefieder bekommen, halten sich am Strassenrand auf. Karibus sehen wir, zumindest vorerst, nur aus grosser Entfernung.

Kurz nach dem Sable Pass zeigt sich uns das Objekt der Begierde, wegen dem eigentlich alle Besucher hier sind. Der 6190 Meter hohe, eisbedeckte, Denali, der höchste Berg Nordamerikas. Und wir gehören heute zu den glücklichen 10% der Parkbesucher, die den Berg, der sich meist hinter dicken Wolken verbirgt, wolkenlos bestaunen können.

Bei der Brücke am East Fork River, bei Meile 49, endet die Fahrt. Von hier an ist die Parkstrasse seit einem Erdrutsch am Polychrome Pass im Jahr 2021 gesperrt. Die Arbeiten an der Strasse und einer neuen Brücke, die das Rutschgebiet umfahren soll, sind immer noch im Gang. Die Wiedereröffnung wird immer wieder verschoben und ist im Moment für 2027 geplant.

Auf der Rückfahrt entdecken wir im Hang neben der Strasse eine Grizzly-Mutter mit zwei Jungen, die sich noch die letzten Fettreserven für den Winterschlaf anfressen. Ein tolles Erlebnis. Von der Bushaltestelle an der Teklanika-Brücke, wo alle Busse wegen der grosszügigen Toilettenanlage anhalten, marschieren wir die letzte Meile zurück zum Campingplatz.

Nach einer Mittagspause im Liegestuhl an der Sonne, machen wir die gleiche Tour mit dem 15.40 Uhr Bus nochmals. Wieder gibt die Fahrerin allerhand Erklärungen zur Tier- und Pflanzenwelt ab. Neben den grünen Parkshuttles gibt es auch noch private braune Tourbusse, die Wildnis Touren anbieten. Beide fahren die gleiche Strecke nur kosten die Privaten drei Mal so viel. Dafür ist ein Lunchpaket inbegriffen und die Fahrer geben auch noch Informationen zur Geschichte der Gegend. Dies ist den Shuttlefahrern untersagt, damit sich das teurere Angebot abheben kann.

Unsere Fahrerin Sandy möchte von uns wissen, woher wir kommen und ist ganz aus dem Häuschen, als sie erfährt, dass wir Schweizer sind. Ihre Mutter ist nämlich eine geborene «Rudin» und stammt aus dem Baselbieter Dorf Arboldswil. Dort hat sie vor einiger Zeit die neun Geschwister ihrer Mutter besucht. Seither ist sie ganz begeistert von der Schweiz.

Während der Nacht schlägt das Wetter wieder um und es regnet am Morgen noch ein wenig. Trotzdem packen wir unsere Wandersachen und nehmen den Bus. Dieses Mal in Richtung Parkausgang zum Savage River. Bis hierher ist unser Tekla Pass gültig. Wieder ist die Schweiz stämmige Sandy unsere Fahrerin. Auch heute Morgen haben wir Glück. Erstens bessert sich das Wetter zusehends und es zeigt sich sogar blauer Himmel und Zweitens bekommen wir eine Gruppe von sieben Karibus zu Gesicht, die im Hang neben der Strasse grasen.

Entlang dem Savage River gibt es einen kurzen Wanderweg auf beiden Seiten des Flusses, dem wir folgen. Danach marschieren wir auf der Parkstrasse mit der Absicht, den nächsten Bus zurück zu nehmen. Dabei kommt uns ein Karibu mit riesigem Geweih entgegen. Erst als es uns entdeckt verlässt es die Strasse und steigt den Hang empor.

Wir halten den nächsten grünen Bus an und fahren nochmals bis zur Endstation. Heute ist vom mächtigen Denali allerdings nichts zu sehen. Dafür grast auf dem Sable Pass, was gemäss Fahrer ungewöhnlich ist, ein Elchbulle mit seinem grossen Geweih.

Wir haben während den zwei Tagen im Denali Nationalpark jetzt einiges an Tieren zu Gesicht bekommen. Nur die weissen Bergschafe, die sich meist oberhalb der Vegetationszone aufhalten und ein grosser schwarzer Wolf der sich in der Gegend herumtreibt, haben sich nicht gezeigt.

Der Denali Nationalpark ist mit 24’000 Quadratkilometern einer der grössten Parks der USA. 1980 wurde er durch Präsident Carter von Mount McKinley Nationalpark zu Denali Nationalpark umbenannt und gleichzeitig das Areal verdreifacht. Auch weitere Namengebungen der ersten Siedler sollen nach und nach durch Bezeichnungen aus der Sprache der Ureinwohner ersetzt werden.

Für die nächsten Tage haben wir ein anderes Projekt. Seit wir vor ein paar Tagen vom Dalton Highway zurückgekehrt sind, leuchtet nämlich am Armaturenbrett eine Warnleuchte. Angeblich sollen die Bremsbeläge zu ersetzen sein. Wir haben diese allerdings schon im März, vor unserer Abreise, zusammen mit den Bremsscheiben gewechselt. Ich hatte die Hoffnung, dass die Meldung im Zusammenhang mit den Fahrten auf den Schlammpisten stehen könnte und sich allenfalls mit der Reinigung des Fahrzeuges und der Räder von selbst erledigt. Das war dann aber nicht der Fall.

Wir haben daher über das Internet mit einer Autowerkstatt in Anchorage, die auf europäische Fahrzeuge spezialisiert ist, einen Termin für Montag den 26. August vereinbart. Nach drei Tagen ohne Internet im Denali NP ist allerdings noch keine Bestätigung im Posteingang unseres E-Mails. Da es heute Donnerstag in Fairbanks ohnehin regnet, entschliessen wir uns die über 300 Km nach Anchorage an einem Tag zurückzulegen und die Angelegenheit zu klären. In Fairbanks gibt es nämlich keine Mercedes-Vertretung und wir haben im Internet auch sonst keine Garage gefunden, die Mercedes Sprinter repariert.

Auf dem Highway AK 3 kommen wir schnell voran. Das Gebirgsmassiv des Denali wäre bei guten Bedingungen von der Strasse aus gut sichtbar, verbirgt sich heute aber auch wieder hinter dicken Wolken. So tut es etwas weniger weh, dass wir im Eilzugstempo durch die herrliche Berglandschaft brausen.

Je weiter wir nach Süden kommen, umso besser wird das Wetter und schliesslich scheint sogar die Sonne als wir Anchorage erreichen. Schon im Einzugsgebiet der grössten Stadt Alaskas ist es vorbei mit gemütlichem dahingondeln. Der Verkehr nimmt deutlich zu und erinnert an die Heimat.

Zuerst wollen wir unser Glück direkt bei Mercedes versuchen. Diese verkaufen nämlich neben den Personenwagen auch Sprinter Transporter. Allerdings werden wir, wie schon in Kanada, enttäuscht. Der nächst mögliche Termin wird uns für Ende September angeboten. Das ist für Reisende natürlich keine Option, zumal wir mit scheinbar unzureichenden Bremsen ja nicht einfach die Umgebung einen Monat lang erkunden können. Eigentlich ist das ein Armutszeugnis für eine Marke wie Mercedes. Immerhin wird uns die Adresse einer Werkstadt mitgegeben, die unter anderem auch auf Sprinter spezialisiert ist. Allerdings ist auch dort der früheste Termin der 20. September. Immerhin wird uns für nächsten Donnerstag eine Prüfung der Bremsen angeboten, die Reparatur könnte aber erst Ende September erfolgen. Allein die Prüfung würde zwischen 233 und 466 USD kosten. Wir willigen vorerst ein, fahren jetzt aber noch zu der Werkstatt, bei der wir einen Termin gebucht haben. Eigentlich sind wir auf Grund des Internetauftritts von einem eher gehobenen Betrieb ausgegangen. Auf dem Vorplatz stehen allerdings nur alte Karren und im schäbigen Büro wird uns mitgeteilt, dass keine Wohnmobile repariert werden. Das hätte man uns auch per E-Mail schreiben können. Wenigstens bekommen wir nochmals zwei Adressen, wo wir unser Glück versuchen können. Schliesslich können wir im «Alignment Center» einen Termin für Montag vereinbaren.

Es fällt uns ein Stein vom Herzen, auch wenn wir jetzt drei Tage in Anchorage verbringen müssen. Wir verlassen deshalb die Stadt erst einmal und fahren etwa 40 Kilometer zum Eklutna Lake, wo wir am nächsten Tag eine Wanderung dem See entlang unternehmen. Anfänglich sind wir noch fast alleine, doch am Nachmittag, als wir schon auf dem Rückweg sind, kommen uns immer mehr Wanderer und Radfahrer entgegen. Bei zweien fällt auf, dass diese, nicht wie die meisten Anderen einen Bärenspray, sondern eine Pistole oder einen Revolver am Gürtel tragen. Das ist natürlich bei einer Begegnung mit einem Bären noch effektiver als der Pfefferspray und anscheinend ist das offene Tragen einer Waffe in Alaska legal.

Am Samstag kehren wir nach zwei ruhigen Nächten auf dem Waldcampingplatz wieder ins geschäftige Anchorage zurück. Der Creekwood Campingplatz liegt zwar an einer viel befahrenen Strasse, von dort kann aber die Innenstadt auch zu Fuss erreicht werden. Auf dem Platz lernen wir Richi aus Rüti kennen, der in einer Gruppe die Panamericana von Argentinien bis an die US-Grenze gefahren ist. Von ihm erfahren wir viel über das Reisen in Mittel- und Südamerika. Er hat uns auch den Kontakt zu einem Gruppenmitglied namens Peter, der mit dem gleichen Fahrzeug wie wir unterwegs ist. Von Peter erhalten wir dann auch einige Informationen zur Verfügbarkeit von Adblue (DEF in USA/Kanada, UREA in Mittel- und Südamerika), dem Harnstoffzusatz für Euro 6 Dieselfahrzeuge. Unser Plan war nämlich die Fahrzeugsoftware anpassen zu lassen um von Adblue unabhängig zu sein. Dazu gibt es in Deutschland eine spezialisierte Firma und einen Partnerbetrieb in Vancouver. Davon wird uns allerdings von Richi, der das gemacht hat, wie auch von Peter abgeraten. Gemäss Richi hat es ihm, ausser viele Kosten, nichts gebracht. Andere Teilnehmer in der Gruppe hatten damit sogar Probleme unterwegs.

Am Sonntag spazieren wir auf dem Cester Creek Trail, durch ein langgestrecktes Waldgebiet, zur Westchester Lagune und an den Meeresarm, an den die Stadt grenzt. Von Dort sind in der Ferne die Gletscher der Alaska Range zu erkennen. Auf dem Küstenweg geht es weiter zum Bahnhof und von dort zum Ship Creek, wo sich Lachse zur Fortpflanzung eingefunden haben.

Auf dem ganzen Spaziergang sind uns die vielen Obdachlosen und Drogenabhängigen aufgefallen, die sich in den Waldgebieten und Parks auf dem Stadtgebiet in kleinen Zeltstädten niedergelassen haben. Da verwundert es nicht, dass einige Wohnhäuser mit Videokameras, Bewegungsmeldern und Stacheldraht gesichert werden. Daneben gibt es in den Wäldern der Stadt aber auch viele Wildtiere, so entdecken wir in einer Quratierstrasse eine Elchkuh.

Am Montagmorgen stehen wir ungewohnt früh um 05.45 Uhr auf und liefern unser Brummsli dann pünktlich um 7 Uhr in der Autowerkstatt ab. Schliesslich stellt sich heraus, dass die Bremsbeläge in Ordnung sind. Allerdings ist bei einem der Sensoren, der die Dicke der Beläge überwacht, das Kabel gerissen, was die fehlerhafte Meldung ausgelöst hat. Vermutlich hat ein Stein das Kabel durchtrennt. Es dauert noch etwa eine Stunde, bis das Ersatzteil geliefert wird. Um 11 Uhr ist dann aber alles geflickt und wir sind wieder startklar. Die Kosten von 420 USD liegen zudem deutlich unter den Erwartungen.

Für heute haben wir keine grosse Etappe mehr geplant. Unser Ziel ist das Hafenstädtchen Seward mit seinen Fischer-, Ausflugs- und Kreuzfahrtschiffen. Im August sammeln sich in der Bucht hunderttausende von Pink- und Silberlachsen um in die angrenzenden Flüsse zu ihren Laichplätzen aufzusteigen. Wir machen auf einem Parkplatz am Cook Inlet halt. Hier halten zahlreiche Tierfreunde mit Ferngläsern und Teleobjektiven Ausschau nach Belugawalen die sich in der Bucht aufhalten. In der Felswand auf der anderen Seite der Strasse hat ein Ehepaar aus Florida hoch oben zwei Dall Schafe entdeckt und bietet uns kurzerhand ihren Feldstecher an um die Tiere zu beobachten. Im Denali Park haben wir vergeblich nach den weissen Schneeschafen gesucht. Auch ein Schweizer Ehepaar, das in Kanada lebt, und in Alaska Ferien macht, schwärmt von der wilden Natur des nördlichsten US-Staates.

Wir überqueren jetzt die Kenai Halbinsel. Dabei beeindrucken die zahlreichen Gletscher, die von den hohen Bergen bis weit ins Tal reichen. Am Fjord in Seward bietet die Stadt zahlreiche Stellplätze, von wo die Camper die Aussicht auf Meer und Berge geniessen können. Zuerst machen wir aber noch einen Spaziergang durch den kleinen Ort mit den zahlreichen Restaurants und Andenkenläden. Dabei fallen vor allem die hier hergestellten Irbi Messer mit den schönen Horn- oder Walknochengriffen auf. Leider verschlechtert sich das Wetter zusehends und wird, gemäss Wetterbericht, in den nächsten Tagen auch nicht besser. Wir werden also sehen, ob wir eine der Bootstouren buchen werden.

Zu erwähnen wäre noch, dass die Mückensaison in Alaska vorbei zu sein scheint. Wir haben nämlich schon seit Tagen keines der lästigen Insekten mehr gesehen, obwohl wir mit mehreren Dosen Mückenspray und Mückennetz auf fast alles vorbereitet wären.

Die Berge sind am nächsten Morgen immer noch in Wolken gehüllt und es regnet. Wir machen uns deshalb auf den Weg in Richtung Soldotna und Homer. Am Kenai River, einem Angler und River Rafting Paradies, wo sich Campingplatz an Campingplatz reiht, scheint doch tatsächlich die Sonne und es keimt die Hoffnung, dass das Wetter besser wird als vorausgesagt. Allerdings war das nur ein kurzer Lichtblick, denn schon in Soldotna regnet es wieder in Strömen. Wir fahren trotzdem nach Kenai und von dort nach Norden, bis zum Captain Cook State Recreation Area. Vom Campingplatz am Cook Inlet, wären bei schönem Wetter auf der anderen Seite des Fjords die schneebedeckten Gipfel der Alaska Range zu sehen. Bei einigen der Berge handelt es sich um Vulkane die, als Fortsetzung der Aleuten, zum Pazifischen Feuerring gehören und auch immer mal wieder aktiv sind. Der Anblick bleibt uns, wegen Dauerregen und tiefhängenden Wolken, verwehrt. Wir fahren deshalb am nächsten Morgen zurück nach Kenai und schauen uns da die Russisch-Orthodoxe Kirche und die kleine, ebenfalls Russisch-Orthodoxe, Kapelle an. Bis 1867 gehörte Alaska nämlich zu Russland und wurde am 9. April 1867 für 7,2 Millionen US-Dollar (entsprach 2016 inflationsbereinigt 140 Mio. USD) von den Russen an die USA verkauft. Am 3. Januar 1959 wurde Alaska als 49. Bundesstaat anerkannt. Zum alten Dorfkern um die Kirche und die Kapelle gehören auch noch weitere, teils restaurierte Holzhäuser.

Bald erreichen wir unser Ziel, den Touristenort Homer an der Kachemak Bay. Das touristische Zentrum liegt allerdings nicht im Städtchen selber, sondern auf dem Homer Spit, einer langgestreckten, schmalen Landzunge, die sich weit in die Bucht hinein erstreckt. Hier werden wir auf einem der zahlreichen Campingplätze die nächsten zwei Nächte verbringen.

In den hübschen, auf Stelzen errichteten, Holzhäusern beim Hafen sind zahlreiche Restaurants und Andenkenläden untergebracht. Zudem werden von Tour-Veranstaltern Bärentouren mit dem Flugzeug und Angelausflüge in den Golf von Alaska angeboten. Homer gilt nämlich als die Hauptstadt der Heilbutt-Fischerei. Wir planen für Morgen eine Wanderung zum Grewingk Gletscher im Kachemak State Park, auf der anderen Seite der Bucht. Dazu buchen wir das Bootstaxi, das uns um 12 Uhr mittags am Strand, beim Beginn des Grewingk Trails, absetzt und uns um 16.30 Uhr am Strand der Halibut Bucht wieder abholt.

Wie versprochen bessert sich das Wetter schon am Vorabend unserer Wanderung und wir können nach einem Strandspaziergang einen schönen Sonnenuntergang erleben. Zahlreiche der Camper auf dem Platz sitzen vor ihren Wohnmobilen an den wärmenden Feuern, die in den dafür vorgesehenen Feuerstellen brennen.

Der Himmel ist am nächsten Tag zwar nicht wolkenlos, aber die Wolken sind doch so hoch, dass die Berge und Gletscher des State Parks zu sehen sind. Im Büro des Touranbieters wird nochmals geprüft, ob wir Wanderschuhe tragen und wir bestätigen, dass wir einen Bärenspray eingepackt haben. Im Park leben nämlich viele Schwarz- und Grizzlybären.

Etwa eine halbe Stunde dauert die Bootsfahrt, trotz des 350 PS Aussenbordmotors. Die Wanderung führt zuerst durch den dichten, nördlichen Regenwald. Der Weg ist breit und angenehm weich zu begehen. Bald wird der Wald lichter und der Boden ist mit einer dicken Moosschicht überwachsen. Auf dem Weg liegen immer wieder Kothaufen, die mit Beeren versetzt sind und von Bären hinterlassen wurden. Von den Raubtieren selber bekommen wir aber glücklicherweise auf der Wanderung keines zu Gesicht. Lediglich ein Birkhahn, der über unsere Köpfe flattert, schreckt uns auf.

Über eine kiesige, mit Büschen überwachsene Ebene, die der Gletscher hinterlassen hat, machen wir zuerst einen Abstecher zum Grewingk Creek, dem Fluss, der aus dem Gletschersee gespiesen wird. Der breite, rauschende Fluss kann in einer Seilbahn, die man selber manuell an einem Tau in Bewegung halten muss, überquert werden. Wir schauen uns das Konstrukt allerdings nur an, und gehen dann zurück zum Weg, der uns an den Gletschersee führt. Zahlreiche Eisberge treiben auf dem bis zu 130 Meter tiefen Gewässer. Ein Erdrutsch hat hier im Oktober 1967 zu einer grossen Flutwelle, bis weit in die Kachemak Bucht hinein, geführt.

Pünktlich um 16.30 Uhr sind wir an der Halibut Bucht und werden vom Bootstaxi wieder abgeholt und zurückgebracht.  

Zur Belohnung kochen wir heute nicht selber, sondern geniessen Fish & Chips mit frischem Heilbutt und einem Glas Wein. Zum Dessert gibt es eine wirklich ausgezeichnete Glace von Carmen’s Gelato.

Ausserdem schenkt mir Elsbeth eines der hier handgefertigten Jagdmesser mit einem schönen Griff aus Karibugeweih. Mein altes Bowie-Messer wurde mir vor Jahren am Flughafen in Malaga abgenommen, weil ich es in den Ferien in Andalusien nach einer Wanderung in der Seitentasche des Rucksacks vergessen und vor dem Flug nicht im Koffer verstaut hatte.

Für Montag, den 2. September haben wir die Fähre von Whittier nach Valdez gebucht. Wir haben für die etwa 250 Kilometer bis nach Whittier am Prince William Sound drei Tage Zeit und können es gemütlich nehmen.

Bei Regen geht es zuerst bis zur Deep Creek Recreation Area, wo ein schöner Campingplatz direkt am Meer liegt. Die 20 USD sind im Vergleich zu kommerziellen Plätzen eher moderat. Obwohl nur wenige Camper auf dem Platz sind und die Saison vorbei ist, lösen wir das Ticket am Automaten. Wie sich zeigt zu Recht, denn obwohl nicht mehr viel zu kontrollieren ist, macht ein Ranger die Runde und überprüft, ob in den Fahrzeugen ein Parkschein liegt.

Das Wetter bessert sich, und so unternehmen wir einen Spaziergang am Strand. Hier machen sich Möwen und Krähen über die Überreste von Fischen her, die vermutlich von Anglern direkt auf den Booten filetiert und die Reste im Meer entsorgt wurden.

Ein älteres Ehepaar kommt uns entgegen. Der Mann meint zu uns er könnte zwar ums Haus herum arbeiten, aber wenn jetzt schon die Sonne scheint, mache er lieber einen Spaziergang am Strand. Wir kommen ins Gespräch und erzählen von unserer Reise. Wir erfahren, dass der alte Herr 30 Jahre lang auf den Ölfeldern von Prudhoe Bay gearbeitet hat. Heute ist er auf den zahlreichen Flugfeldern rund um Kenai tätig. Wieder erleben wir die Menschen hier, in dieser eigentlich unwirtlichen Gegend, als äusserst freundlich, kommunikativ und interessiert.

Am folgenden Tag geht es zuerst einmal nach Soldotna. Hier kaufen wir ein und füllen den Tank für 3.25 USD pro Gallone mit dem bis jetzt günstigsten Diesel. Das sind unter 80 Rappen pro Liter.

Wir verlassen bald die Hauptstrasse und fahren an den Skilak Lake. Am Ufer des Sees gibt es einen grosszügigen und erst noch kostenlosen Campingplatz. Obwohl es Wochenende ist und einige Stellplätze durch eine Hochzeitsgesellschaft belegt sind, finden wir eine schöne Nische direkt am Wasser. Es ist zwar immer noch bewölkt und eher kühl. Trotzdem holen wir die Stühle aus dem Stauraum und setzen uns an den Kiesstrand.

Bei herrlichem Wetter geht es weiter auf der Skilak Lake Road. Wir beschliessen deshalb eine kleine Wanderung an den Kenai River, welcher den Silak Lake speist, zu unternehmen. Vom Wanderparkplatz führt der Pfad durch ein altes Waldbrandgebiet, das von jenen fast mannshohen Blütenpflanzen überwachsen ist, welche im Frühsommer so schön violett geblüht haben. Die Blüten sind jetzt verwelkt und durch Samenkapseln ersetzt, welche Samen freisetzen, die wie kleine Wattebäuschchen an den Kleidern haften.

Anfänglich ist der Weg noch gut zu erkennen, doch wird der Pflanzenbewuchs immer dichter und wir stehen irgendwann im «Schilf». Eine Spur, wir wissen nicht ob von Mensch oder Tier, führt den Hang hinauf in Richtung Strasse. Allerdings verläuft sich auch diese und auch der Wanderweg, den wir gemäss Karte kreuzen müssten existiert nicht mehr. So kämpfen wir uns den Hang hinauf und klettern über unzählige, nach dem Brand umgestürzte Bäume. Endlich erreichen wir, mit weissen Samen im Gesicht und auf den Kleidern, die Strasse und kehren zum Auto zurück, ohne dass wir den Kenai River erreicht hätten.

Nur wenige Kilometer später halten wir an einem weiteren Wanderparkplatz. Von hier sind es nur 300 Meter bis an den Fluss, der von zahlreichen Anglern bevölkert ist, die einen roten Lachs nach dem anderen an Land ziehen. Allerdings töten sie diese nicht, sondern nehmen die Fische vom Haken, machen ein Foto und entlassen die Tiere zurück ins Wasser.

Vom Portage Lake, wo wir übernachten, sind es nur noch wenige Kilometer bis nach Whittier. Durch einen alten, etwa 4 Kilometer langen, Militärtunnel unter dem Maynard Mountain gelangt man zum abgelegenen Ort am Prince William Sound. Die Durchfahrt kostet 13 USD und wird einspurig geführt. Die Geschwindigkeit ist auf 25 Meilen pro Stunde, also etwa 40 Km/h beschränkt und wird, wie der Abstand zwischen den Fahrzeugen, immer wieder kontrolliert. In der Fahrbahn sind ausserdem Geleise verlegt, denn der Durchstich wird auch noch von der Eisenbahn genutzt, die hier gelegentlich fährt.

Whittier ist kein Ort, den man unbedingt gesehen haben muss. Er wird dominiert vom grossen Fischereihafen und einigen grossen, unansehnlichen Wohnblocks. Lediglich einige Souvenirgeschäfte und Restaurants am Meer laden zum Flanieren ein.

Wir parkieren erst einmal auf einem grossen Kiesplatz, wo auch schon zahlreiche Boote zum Überwintern abgestellt sind. Dafür wird uns, obwohl wir nur etwa 2 Stunden bleiben, 10 USD abgeknöpft. Erst später stellen wir fest, dass wir beim Fähranleger auch umsonst hätten parkieren können. Nach dem Rundgang am Hafen checken wir am Schalter des Fährterminals ein und deponieren unser Auto auf dem Parkplatz an der Verladerampe. Erstmals wird heute auch kontrolliert, dass wir den Hahn am Gastank auch wirklich geschlossen haben.

Nach 13 Uhr legt die Fähre an und wir können über die Rampe am Heck verladen. Das Schiff ist recht klein und so ist auch die Anzahl Fahrzeuge überschaubar. Um 14.30 Uhr legen wir dann ab und können bei schönem Wetter die grandiose Berg- und Gletscherlandschaft auf dem Sonnendeck geniessen. Auf dem Wasser wird es dann allerding recht kühl. Mit Faserpelz und Windjacke lässt es sich aber schon aushalten. Zahlreiche Passagiere halten mit Feldstechern Ausschau nach Tieren im Wasser und in der Luft. Tatsächlich sehen wir auch immer wieder Zwergwale, Otter und Seelöwen, die sich in den schmalen Fjorden tummeln. Es ist eigentlich erstaunlich, wie sich die Natur nach der Tankerkatastrophe der Exxon Valdez im März 1989 erholt hat. Damals hat auslaufendes Öl den Prinz William Sound verschmutzt.

Es ist schon fast dunkel als wir in Valdez ankommen. Wir haben zwar im Navi einen Übernachtungsplatz eingegeben, allerding weist ein Schild darauf hin, dass der Platz auf Privatgrund liegt. Wir machen deshalb nicht lang und fahren zurück in die Stadt auf einen der zahlreichen Campingplätze. Das Büro ist allerdings schon geschlossen, wir werden die Platzgebühr von happigen 60 USD darum am nächsten Morgen bezahlen.

Der nächste Tag beginnt eher trüb. Nach einem Spaziergang am Hafen fahren wir auf die andere Seite der Bucht. Dort befindet sich eine «Solomon Hatchery». Bei der Fischaufzuchtstation werden Lachse durch eine Sperre an der Flussmündung in eine Fischtreppe geleitet. Dort werden den Weibchnen die Eier entnommen und zur Aufzucht von Jungfischen verwendet. Täglich passieren in den Spitzenzeiten bis zu 20'000 Tiere die Fischtreppe und tragen dazu bei, dass jährlich bis zu 280 Millionen Jungfische wieder in die Natur entlassen werden können.

Der Strand an der Flussmündung zieht allerdings, neben vielen Anglern, auch Seelöwen, Bären und Vögel an, die vom reichhaltigen Futterangebot profitieren wollen. Am Ufer liegen Tausende von toten Lachsen und verbreiten einen unglaublichen Gestank. Heute sind zwar keine Bären zu sehen, dafür tummeln sich zahlreiche Seelöwen im Wasser der Flussmündung. Die Tiere scheinen schon ziemlich vollgefressen, denn allzu viel Energie wird in das Fangen von Fischen nicht mehr investiert.

Wir verlassen den Ort und fahren auf der AK4 nordwärts Je weiter wir vorankommen, umso besser wird das Wetter und bietet immer wieder schöne Ausblicke auf die von Gletschern bedeckten Berge. Wir biegen deshalb auf die AK10 ab und folgen dem breiten Flussbett des Copper River.

Gestern haben wir noch darüber diskutiert, ob es sich lohnt die fast 100 Kilometer bis nach McCarthy zu fahren, denn der Wetterbericht hat eher schlechtes Wetter vorausgesagt. Es hat auch während der Nacht ein wenig geregnet, am Morgen sieht es jetzt aber gar nicht so übel aus. Wir entschliessen uns daher, die Fahrt auf uns zu nehmen.

Am Ende Strasse, etwa 7 Kilometer von McCarthy stehen nämlich die Überreste eines alten Kupfer- und Silberbergwerkes. Dieses ist zwar zum grössten Teil verfallen, wird jetzt aber nach und nach restauriert. Ausserdem fliessen hier verschiedene Gletscher zu einem Eisstrom zusammen und reichen bis weit ins Tal. Wobei der Root Gletscher, mit einem gewaltigen Eisfall besonders eindrücklich ist.

Die Strasse zu unserem Tagesziel verläuft hauptsächlich auf dem alten Bahndamm der Copper River & Northwestern Railway durch menschenleere Wildnis. Am Anfang der Route wird man darauf aufmerksam gemacht, auf verbliebene Schwellennägel zu achten, welche die Reifen beschädigen könnten. Denn unter der holprigen Schotterpiste liegen immer noch die alten Schwellen. Lediglich die Geleise wurden entfernt, und liegen teilweise noch entlang der Strasse am Waldrand. Auch schmale, nur einspurig befahrbare Abschnitte zwischen Felswänden, oder die einspurige Brücke über den Kuskulana River lassen erahnen, dass es sich um die Streckenführung einer Eisenbahn handelt. Die Route verläuft im Wesentlichen entlang der Grenze zum Wrangell-St. Elias Nationalpark. Dieser ist mit 49'712 Quadratkilometern grösser als die Schweiz und der grösste Nationalpark der USA. In den Wrangell Mountains erheben sich 9 der 16 höchsten Berge der USA. Der Mount Wrangell ist mit 4317 einer der höchsten aktiven Vulkane in Nordamerika.

Gegen Mittag erreichen wir McCarthy und richten uns auf dem weitläufigen Campingplatz in einer ruhigen, etwas abgelegenen Ecke ein.

Auf der für den öffentlichen Verkehr nicht befahrbaren Schotterstrasse wandern wir hoch zur alten Minenanlage von Kennecott. Um 1900 existierte hier in der Wildnis eine Minenstadt, die sich sogar ein eigenes Orchester leistete. Bis zu 550 Arbeiter und Ingenieure lebten hier mit ihren Familien und förderten in der ertragreichsten Kupfermine der Welt das Metall während fast 40 Jahren. In dieser Zeit wurde Kupfer und Silber im Wert von 250 Mio. USD produziert. Dann wurden in Chile leichter zugängliche Erzvorkommen entdeckt, die Kennecott unrentabel machten.

Heute werden in den restaurierten Anlagen Museen betrieben und Führungen durchgeführt. An den noch nicht wieder hergestellten Gebäuden wird immer noch gearbeitet.

Vom Minenmuseum gehen wir noch ein Stück weiter um einen Blick auf den Gletscher zu werfen. Für den Rückweg von Kennecott nach McCarthy nehmen wir dann den Shuttle-Bus, denn nach über 13 Kilometer haben wir genug gewandert für einen Nachmittag.

Am nächsten Morgen wollen wir uns das Nest McCarthy doch auch noch anschauen und spazieren in den kleinen Ort, wo die Zeit stehen geblieben scheint. Die Häuser erinnern an die Kulisse eines Wild West Filmes. Ein kleiner Laden versorgt die etwa 100 Einwohner. Auch ein kleines Hotel, ein Restaurant und eine Bar ist zu finden. Selbst der Cannabisshop fehlt nicht. Am Anschlagbrett hängt noch ein Zettel mit den Veranstaltungen im Monat August. Da gibt es Yogakurse, Peace Dance und ein Storytelling Festival. Für Zerstreuung und soziale Kontakte ist also am Ende der Welt gesorgt. 

Die Tage sind merklich kürzer geworden. Die Espen und Birken in den Wäldern haben sich verfärbt und leuchten in intensivem Gelb. Wir wollen uns deshalb jetzt auf den Weg nach Süden machen und fahren in den nächsten Tagen über Tok auf dem Alaska Highway an die Kanadische Grenze.

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