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Von Alaska zurück nach Kanada und weiter in die Lower States der USA
8. September – 30. September 2024
Die Länderflaggen markieren die Grenze zwischen Alaska und Kanada. Der eigentliche Grenzposten folgt dann erst 30 Kilometer später, kurz vor dem kleinen Nest Beaver Creek, nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen, bekannten Wintersportort in Colorado. Mit strengem Blick und fester Stimme mustert uns die Grenzbeamtin, fragt nach dem Reiseziel und ob wir Waffen mitführen. Dann bekommen wir den Stempel in den Pass und können passieren.
Die nächsten Tage folgen kurze Etappen entlang dem Kluane Nationalpark. Die Espen strahlen jetzt in intensivem Gelb und konkurrieren mit dem Rot von Stauden und Sträuchern. Dazwischen wirken die weissen Samenstände von verblühten Anemonen wie frisch gefallener Schnee. Zu unserer Rechten erheben sich die über 5000 Meter hohen, von Gletschern bedeckten, Berge der Saint Elias Mountains. Einer davon, der Mount Logan, ist mit 5959 Metern der höchste Berg Kanadas und, nach dem Denali, der zweithöchste in Nordamerika. Das Gebirge wirkt offensichtlich auch als Wetterscheide, denn wir reisen bei wolkenlosem Himmel, während sich auf der auf der anderen Seite die Wolken türmen und ausregnen.
Bei kurzen Wanderungen und Spaziergängen in den herbstlichen Wäldern vertreten wir uns die Beine und suchen dann im Laufe des Nachmittags einen Übernachtungsplatz. Sehr schön und mit 20 CAD günstig, sind die Provinzcampingplätze. Trotz immer noch hoher Waldbrandgefahr im Yukon, wird hier kostenlos Brennholz für Campfeuer zur Verfügung gestellt. Kaum hat ein weiteres Wohnmobil einen der grosszügigen Stellplätze belegt, hört man wie die Axt zum Einsatz kommt und Holz gespaltet wird. Kurz darauf steigt Rauch auf und ein weiters Feuer brennt in der Feuerstelle, die zu jedem Stellplatz gehört. Es scheint seit Urzeiten in den Genen des Mannes tief verankert zu sein, dass zuerst für Wärme und Licht gesorgt wird, sobald eine neue «Höhle» bezogen wird.
Nach drei Tagen, am 10. September, kommen wir in Whitehorse, der Hauptstadt der Provinz Yukon an. Hier können wir unsere Vorräte endlich wieder auffüllen, die wir wegen dem Grenzübertritt deutlich reduziert haben. Allerdings interessierte sich kein Zöllner für den Kühlschrank in den Wohnmobilen, obwohl die Einfuhr von Lebensmitteln beschränkt ist.
Hier stossen wir auch wieder auf den Yukon River, auf dem zur Zeit des Goldrausches von Whitehorse aus Dawson City mit den Raddampfern versorgt wurde. Ein restauriertes Schiff, die SS Klondike, ist am Ufer des Flusses aufgestellt. Die kleine Innenstadt ist sehr überschaubar. Besonders aufgefallen ist uns ein 1170 Kg schweres, mannshohes Kupfernugget, das grösste je im Yukon gefundene, das vor einem Blockhaus aus der Gründerzeit der Stadt, aufgestellt ist.
Der nächste Übernachtungsplatz im Marsh Lake Territorial Park ist fest in Schweizer Hand. Obwohl mehrere Dutzend Stellplätze im weitläufigen Areal verteilt sind, steht hier nur ein weiteres Paar aus der Schweiz mit dem kleinen Severin. Die Familie haben wir schon vor einer Woche auf der Fähre von Whittier nach Valdez kennen gelernt. Sie sind mit dem Camper eines Onkels, der das Fahrzeug in Kanada gekauft und eingelöst hat, während zwei Monaten in Alaska und im Yukon unterwegs und werden bald in die Schweiz zurückkehren.
Auf dem Alaska Highway fahren wir weiter in Richtung Watson Lake, wo wir am 22. Juli bereits übernachtet haben. Kurz vorher biegen wir aber ab auf den Cassiar Highway, eine der wenigen Strassen, neben dem Alaska Highway, die nach Süden führt, ohne dass sie im Nirgendwo endet. Die Route ist weniger stark befahren als der Alaska Highway und führt 800 Kilometer durch weitgehend unberührte Wildnis und vorbei an nur wenigen abgelegenen Siedlungen der First Nation, in denen die Zeit stehen geblieben scheint. Darunter auch Jade City, ein kleiner Ort in dem in einem Steinbruch Jade abgebaut wird. In einem kleinen Laden werden die Produkte angeboten. In den Werkstätten sieht man, wie der unscheinbare Stein nach der Bearbeitung und Politur seine schöne grüne Farbe erhält. Auf jeden Fall müssen wir kurz nach Whitehorse für etwa 1000 Kilometer ohne Handyempfang und Internet auskommen. Lediglich in Dease Lake gibt es bei der Schule unverschlüsseltes Wlan um kurz die Mails zu prüfen. Hier stehen die Reisenden dann auch reihenweise mit dem Smartphone in der Hand.
Mit dem schönen Wetter ist es jetzt vorbei. Bei tiefhängenden Wolken und Regen sehen wir nichts von den hohen Bergen und Gletschern, welche die Strecke säumen. Auch von den Wildtieren, wie Bären, Elchen und Karibus, lässt sich keines blicken. So legen wir wieder einmal zwei längere Etappen von je etwa 400 Kilometern zurück.
Vor Kitwanga wo wir auf die, von Prince Rupert kommende, YH16 abbiegen besuchen wir den Gitwangak Battle Hill. Auf dem steilen Hügel befand sich im 17. Jahrhundert ein befestigtes Dorf des Gitwangak Volkes, bis es 1835 niedergebrannt wurde. Im Dorf Kitwanga stehen auch einige alte Totem Pfähle. Diese wurden von den Dorfbewohnern in der Umgebung zusammengesucht und vor dem Verfall gerettet.
Die Nacht verbringen wir auf dem Campingplatz in Hazelton. Dieser liegt unmittelbar neben einem historischen Indianerdorf, welches als Museum betrieben wird. Dieses werden wir Morgen besuchen. Bevor wir auf dem Campingplatz einchecken können, müssen wir aber noch auf die Mitarbeiterin warten. Ein Bär hat sich nämlich auf dem Platz an den Abfalleimern zu schaffen gemacht und die Arme musste die Sauerei aufräumen. Es ist allerdings auch das erste Mal, dass auf einem Campingplatz Abfallcontainer verwendet werden, die nicht Bärensicher sind.
Das historische Dorf Ksan besteht aus einer Ausstellung zum Leben und den Gebräuchen des Volkes der Gitxsan. Diese lebten in festen Holzhäusern, abseits der gängigen Routen von Händlern, Trappern und Missionaren. So ist deren Kultur bis ins späte 19. Jahrhundert unverfälscht erhalten geblieben und nicht verloren gegangen. Die Gebäude können nur im Rahmen von Führungen in Gruppen von mindestens 5 Personen betreten werden. Da wir und ein weiteres Paar aber die einzigen Besucher sind, müssen wir uns mit der Aussenansicht und den riesigen Totem Pfählen begnügen.
Etwa 13 Kilometer von Hazleton entfernt, im Dorf Kispiox gibt es nochmals einige der riesigen Totem Pfähle zu bestaunen. Hier stand bis in die 1860er Jahre das Fort Stager und bildete den Endpunkt der Überland-Telegrafenleitung nach Asien und von dort weiter nach Europa. Nach dem erfolgreichen Verlegen der unterseeischen Leitung durch den Atlantik, wurde die Station 1868 aufgegeben. Hunderte Kilometer hinterlassene Metallkabel dienten den Ureinwohnern als Rohstoff für Werkzeuge und Waffen.
Auf dem Yellowhead Highway kommen wir zügig voran. Einen Stopp legen wir in Smithers ein, wo sich hauptsächlich Schweizer und Deutsche niedergelassen haben. Wir müssen nämlich noch Bankdokumente, die uns von unserer Hausbank, nach langem Hin und Her, im E-Banking zugestellt wurden, ausdrucken, unterschreiben und in die Schweiz senden. Wir haben vor unserer Abreise zwar Kredit- und Debitkarten erneuert damit die Fälligkeit im 2026 oder 2027 liegt. Auch die Hypothek wurde schon ein Jahr vor Ablauf erneuert, um das nicht während unserer Reise machen zu müssen. Damit haben wir aber vermutlich den Stein ins Rollen gebracht, dass auch die alten Kontounterlagen erneuert werden könnten. In der Stadtbibliothek drucken wir den Papierkram aus und am Postschalter in der Drogerie geben wir den Brief auf. Noch ein kurzer Spaziergang durch die hübsche Einkaufsstrasse und dann geht es weiter.
Unser Reiseplan sieht vor, dass wir noch bis Williams Lake nach Süden fahren. Von dort geht es dann nach Westen bis Bella Coola und mit der Fähre in 10 Stunden nach Port Hardy auf Vancouver Island. Die Fähre haben wir für nächsten Samstag, den 21 September gebucht. Wir haben somit eine ganze Woche Zeit für die 1200 Kilometer bis Bella Coola, können uns also Zeit lassen. Darum wollen wir einen Abstecher nach Fort St. James machen. Der Ort entwickelte sich zur Zeit der Hudson’s Bay Company zu einem wichtigen Aussenposten der Pelzhandelsgesellschaft. Die Überreste des Pelzhandelspostens wurden restauriert und können in einem Freilichtmuseum besichtigt werden.
Allerdings werden unsere Pläne vorerst durchkreuzt. Wir sind gemütlich unterwegs, als uns ein lauter Knall durchschüttelt. Sofort fahren wir an den Strassenrand und stellen schnell fest, dass ein Reifen an der Hinterachse geplatzt ist. Scheisse!!!! Zuerst einmal wieder einen klaren Kopf bekommen, dann Warnwesten anziehen und Pannendreieck aufstellen. Denn auf dem Highway ist einiges los, auch zahlreiche Lastwagen und Holztransporter sind mit den erlaubten 100 Km/h unterwegs. Zum Glück habe ich daheim schon zwei Mal das Reserverad aktiviert und dann alle Räder rotiert, in der Hoffnung, dass sich die Reifen so gleichmässiger abfahren. Der Reifenwechsel ist somit nicht ganz neu, aber mit den schweren Rädern doch ein ordentlicher Kraftakt.
Schliesslich ist alles erledigt. Auch der zerfetzte Reifen ist in die Reserveradhalterung gewuchtet und die Fahrt kann fortgesetzt werden.
Es ist Sonntag. Wir können daher ohnehin keinen Reifenhändler aufsuchen. So entschliessen wir uns, den Abstecher nach Fort St. James trotzdem zu machen. Allerdings ist auf Informationstafeln angegeben, dass das von der Nationalparkverwaltung betriebene Freilichtmuseum geschlossen ist. Auf dem schönen, direkt am Stuart Lake gelegenen, von der Gemeinde betriebenen, Stellplatz können wir uns vom Schock erholen. Auf einem Spaziergang durch den Ort sind auch einige der historischen Gebäude des Museums zu sehen.
Am Montag ist schon früh Tagwache, denn wir wollen für den Reifenwechsel ins 130 Kilometer entfernte Prince George. Wir machen dann allerdings schon in Vanderhoof Halt bei KALTire. Dort sind die Reifen welche wir montiert haben aber nicht vorrätig. Wir wollen nämlich gleich alle 5 Räder neu bereifen, da diese auch schon wieder 55000 Kilometer auf dem Buckel haben. Wir werden deshalb an die Filiale in Prince George verwiesen. Dort wird dann unser Auftrag entgegengenommen, kann aber erst am nächsten Tag ausgeführt werden.
Wir machen deshalb einen Ausflug zum Ancient Forest Provincial Park. Ein Plankenweg führt hier durch ein urwüchsiges Waldgebiet mit bis zu 60 Meter hohen Riesenlebensbäumen. Einige sollen bis zu 2000 Jahre alt sein. Das genaue Alter lässt sich allerdings nicht bestimmen, da die alten Baumriesen von innen her verrotten und dadurch im Kern keine Jahresringe erkennbar sind.
Nach der Aufregung der letzten Tage, tut die kleine Wanderung durch den feuchten, nördlichen Regenwald gut.
Damit wir Morgen für den Reifenwechsel nicht allzu weit fahren müssen, kehren wir nach Prince George zurück und übernachten auf dem Northern Experience RV Park. Da wir weder Strom noch Abwasseranschluss brauchen, kommen wir auch auf kommerziellen Campingplätzen mit etwa 30 CAD (weniger als 20 Franken) recht günstig weg.
Wie es sich für Schweizer gehört, sind wir schon eine viertel Stunde vor dem Termin bei KALTire. Und schon bald steht unser Brummsli auf der Hebebühne. Zuerst musste dem jungen Mechaniker allerdings ein älterer Kollege zur Seite stehen. Ein handgeschalteter, europäischer Diesel ist halt nicht zu vergleichen mit einem 6 Liter V8 mit Automatikgetriebe. Nach einer Stunde sind alle fünf Reifen montiert und wir können unsere Reise fortsetzen.
Schon bald erreichen wir Quesnel. Der 10'000 Einwohner zählende Ort am Zusammenfluss von Fraser und Quesnel River, lebt hauptsächlich von der Holzindustrie. Zahlreiche Sägewerke und Papierfabriken sind am Stadtrand angesiedelt.
Wir interessieren uns allerdings mehr für das kleine Museum, das im Visitor Center eingerichtet ist. Hier sind zahlreiche Ausstellungsstücke aus der Zeit des Goldrausches bis Mitte des 20. Jahrhunderts zu sehen.
In den Bergen nordöstlich von Quesnel liegt Barkerville, ein restauriertes Goldgräberstädtchen, aus der Zeit des ersten Goldrausches um 1858. Nach den ersten Goldfunden am Unterlauf des Fraser River, zogen die Glücksritter weiter in die Berge, wo das Gold herkommen musste. 1862 kam Billy Barker, ein desertierter Matrose aus Cornwall, mit einigen Freunden an den Ort, der später seinen Namen tragen sollte. Die Männer steckten einen Claim ab und begannen zu graben. Erst in einer Schachttiefe von 16 Metern stiessen sie endlich auf Gold. Das kleine Stück Land brachte über 600'000 Dollar ein. Nach heutigem Wert 42 Millionen. Doch Billy Barker verprasste den ganzen Reichtum und starb mittellos. Er wurde in einem Armengrab beigesetzt.
Wir fahren darum auf dem Barkerville Highway in den kleinen Ort, der durch Billy Barkers Fund einen Boom erlebte. Nachdem die grossen Goldfunde vorbei waren, ist der Ort verfallen. In den 1950er Jahren wurde damit begonnen die Gebäude originalgetreu wiederherzustellen und als Freilichtmuseum zu betreiben. Kostümierte «Bewohner» bevölkern die Strassen und arbeiten in den Geschäften. Jetzt ist allerdings die Saison vorbei, so dass wir die über 100 Gebäude nur von aussen betrachten können. Der Ausflug hat sich aber auf jeden Fall gelohnt.
Wir kehren zurück nach Quesnel und fahren auf dem Cariboo Highway weiter südwärts bis nach Williams Lake. Hier können wir endlich auf den Alexander Mackenzie Highway in Richtung Bella Coola abbiegen. Es herrscht wesentlich weniger Verkehr, als auf der Hauptstrasse, die nach Vancouver führt und wir können es wieder etwas gemütlicher nehmen. Am McInatyre Lake finden wir einen schönen Übernachtungsplatz, wo wir den sonnigen Tag noch geniessen können.
Weiter geht es die nächsten zwei Tage bei herrlichem Wetter, aber weitgehend ohne Internet, durch hügeliges Ranchland, wo Rinderzucht betrieben wird. Die Herden weiden auf den offenen Grasflächen oder in lichten Wäldern.
Nach dem Ferienort Anahim Lake ist dann Schluss mit der schönen Asphaltstrasse und es geht auf einer ungeteerten Piste bis hinauf zum Heckman Pass auf etwa 1500 Metern über Meer. Dabei sind die Wälder entlang der Strasse auf weiten Strecken durch Waldbrände zerstört. Auf Grund der Vegetation zwischen den verkohlten Stämmen gehen wir davon aus, dass das Feuer erst dieses oder letztes Jahr gewütet hat.
Während die Strasse zur Passhöhe von Osten her kaum merklich ansteigt, geht es jetzt auf einer schmalen, in den Fels gehauenen Naturstrasse mit bis zu 17% Gefälle und ohne Leitplanke hinunter ins Bella Coola Tal. Hier auf der regenreichen Westseite der Berge sind die Wälder wieder dicht und scheinen undurchdringlich. Die Dörfer werden hauptsächlich von Angehörigen der First Nation bewohnt. Diese betreiben am Atnarko River eine Wildtier-Beobachtungs-Plattform, von wo man mit etwas Glück, den Grizzlys beim Fangen von Lachsen zuschauen kann. Im Fluss drängen sich die laichenden Fische dicht an dicht, von den Bären will sich aber bei unserem Besuch keiner zeigen.
In der Nähe des Hafens von Bella Coola verbringen wir die Nacht auf einem Kiesplatz am Wasser. Ein deutsches Paar übernachtet ebenfalls hier. Die beiden haben zwei Nächte auf dem Fisheries Pool Campground verbracht. Dieser liegt ebenfalls am Atnarko River und dort sind die Grizzly Bären am Platz vorbei zum Fischen an den Fluss spaziert.
Am nächsten Morgen ist bereits um 04.30 Uhr Tagwache. Die Fähre von Bella Coola nach Port Hardy auf Vancouver Island legt nämlich um 07.30 Uhr ab. Das Einchecken findet 120 – 90 Minuten vorher auf dem Parkplatz vor dem Coop im Städtchen statt, da der Platz am Hafen sehr beschränkt ist.
Während der Nacht hat das Wetter umgeschlagen und es regnet die ganze Nacht in Strömen als wir bei um 05.30 Uhr beim Coop eintreffen. Kurz nach 06.30 begibt sich dann der ganze Konvoi, viele davon sind Wohnmobile in den unterschiedlichsten Grössen, zum Hafen. Nach und nach fahren die Autos auf die Fähre. Dort müssen sie wenden und werden rückwärts in Parkfelder eingewiesen.
Es liegen jetzt etwa 10 Stunden Fahrt durch vor uns. Der Grossteil verläuft in geschützten Fjorden. Nur auf einem kurzen Stück bekommen wir das stürmische Wetter mit entsprechendem Wellengang zu spüren, bevor es wieder in ruhigere Gewässer auf der windabgewandten Seite von Vancouver Island geht. Trotz des schlechten Wetters sind die bewaldeten Berge der zerklüfteten Fjordlandschaft gut zu sehen. Schöner wäre es zwar bei Sonnenschein gewesen, dafür bekommen wir aber noch eine ganze Gruppe von Walen zu Gesicht, die an uns vorbeizieht.
Am Hafen von Port Hardy ist das Übernachten verboten. Wir fahren deshalb in die Stadt, wo wir auf einem grossen Parkplatz bei einem Gewerbekomplex unterkommen.
Der Wetterbericht für die nächsten Tage verspricht für den Nordteil der Insel wenig Sonnenschein und viel Regen. Trotzdem machen wir einen Abstecher zum Telegraph Cove. Vom hübschen Hafen mit den alten Häusern werden Bootsfahrten zur Wal- und Tierbeobachtung angeboten. Allerdings versprechen diese bei den aktuellen Wetterverhältnissen wenig Aussicht auf Erfolg.
Der Regen hat jetzt nachgelassen. Wir fahren noch ein Stück weiter bis zur Nimpkish Lake Recreation Site. Auf dem einfachen und kostenlosen Platz sind wir ganz alleine und können uns einen schönen Stellplatz direkt am See aussuchen. Es scheint hier eine alte Eisenbahnlinie durchgeführt zu haben. Denn im Wasser verrottet ein alter Eisenbahnwagen und Balken einer Bahnanlage. Mit einem Spaziergang entlang dem Seeufer vertreiben wir uns die Zeit und sammeln ein paar überreife Brombeeren.
Unser nächstes Ziel ist Campbell River. Bei der Fahrt kreuzen wir immer wieder die alte Trasse der Englewood Railway, die gemäss unserer Karte als Wanderweg genutzt wird.
Vor Campbell River lassen wir die engen, von hohen, bewaldeten Bergen gesäumten Täler hinter uns. Die Landschaft wird endlich offener. Die dichten und dunkeln Wälder wirken nämlich echt bedrückend. Auf einem Spaziergang erkunden wir das Zentrum und den Hafen der 35'000 Einwohner zählenden Stadt, bevor es weiter geht bis zum Kitty Coleman Beach. Der Campingplatz des kleinen Provinzial Parks liegt direkt am Meer und Spazierwege führen durch den schönen Wald. Dabei beeindruckt vor allem eine 600 – 800 Jahre alte, riesige Douglasie mit einem gewaltigen Stamm und einer beeindruckenden Höhe.
Während der ganzen Nacht sind die Nebelhörner verschiedener Leuchttürme an der Küste und auf den vorgelagerten Inseln zu hören. Auch heute Morgen liegt der Nebel noch über dem Wasser.
Beliebte touristische Ziele auf Vancouver Island sind Tofino und Ucluelet, die wir in den nächsten zwei Tagen besuchen wollen. Sobald wir die Küstenregion verlassen, lichtet sich der Nebel und es zeigt sich blauer Himmel. Wir machen einen ersten Halt beim Cathedral Grove im MacMillan Provincial Park. Der kleine Parkplatz dort ist schon komplett belegt. Wir fahren deshalb bis zur nächsten Haltebucht, wenden und versuchen es auf der anderen Strassenseite. Jetzt finden wir auch eine Lücke, in die wir unser Wohnmobil abstellen können. In dem geschützten Waldgebiet am Cameron Lake stehen zahlreiche riesige Douglasien und Hemlock Tannen. Der höchste Baum im Park misst 76 Meter und hat einen Umfang von 9 Metern. Zwei schöne Spazierwege führen durch den Wald, der dicht mit Farnen und Flechten bewachsen ist, die im etwas mystisches verleihen.
Den nächsten Stopp machen wir bei Port Alberni. Hier führt ein kurzer Wanderweg zum «Whole in the Wall». In einer Felswand befindet sich ein grosses Loch, durch welches ein kleiner Bach fliesst. Es scheint fast als hätte ein Landschaftsarchitekt seine Finger im Spiel gehabt.
Auf der schmalen, kurvenreichen Strasse geht es weiter bis zum hübschen Küstenstädtchen Ucluelet. Hier checken wir auf einem Campingplatz für die nächsten zwei Nächte ein. Danach fahren wir noch ein kurzes Stück bis an die Spitze der Halbinsel. Auf dem «Wild Pacific Trail» wandern wir auf dem Lighthouse Loop der zerklüfteten Felsenküste entlang. Auch hier liegt wieder Nebel über dem Wasser. Bei guter Sicht könnten, wenn man Glück hat, Wale, Delphine, Seelöwen und Otter beobachtet werden.
Das Wetter ist im Moment sehr wechselhaft und so können wir am nächsten Morgen bei schönem Wetter einen Ausflug nach Tofino unternehmen. Die Fahrt geht durch einen Teil des Pacific Rim National Park. Wir wollen das Feld von hinten aufrollen und fahren darum bis ganz ans Ende der Halbinsel, auf welcher der hübsche Touristenort Tofino liegt. Zahlreiche Souvenirläden, Restaurants und Galerien konzentrieren sich um den Hafen herum. Von dort starten auch Wasserflugzeuge zu Rundflügen und Boote zu Wal- und Wildlifetouren. Im Ort, der zu den wichtigsten Touristenzielen auf der Vancouver Island gehört, wimmelt es von Besuchern.
Wir machen uns auf die Rückfahrt mit je einem Spaziergang zum Radar Hill, am ausgedehnten Strand, wo sich die Surfer im kalten Wasser tummeln und auf dem Rainforest Trail. Dort führt einmal mehr ein Plankenweg durch den eindrücklichen Regenwald mit gewaltigen Baumriesen in unwegsamem Gelände. Nach einem anstrengenden Tag kehren wir auf den Campingplatz in Ucluelet zurück.
Während der Nacht beginnt es wieder heftig zu regnen und wir legen die Fahrt in Richtung Victoria erst einmal bei strömendem Regen zurück. Da wir die Fähre von Victoria nach Port Angeles im US-Bundesstaat Washington erst für Sonntagabend gebucht haben, legen wir die Strecke von Ucluelet nach Victoria in zwei Tagen zurück und sind froh, den Campingplatz Fort Victoria zu erreichen. Sowohl die Strecke von Ucluelet quer über die Insel, als auch die Fahrt auf dem Highway 19 bis nach Victoria, der Hauptstadt der Provinz British Columbia, ist im dichten Verkehr recht anstrengend.
Vom Campingplatz aus erreichen wir das Stadtzentrum bequem mit dem Bus. Die 5 CAD pro Person für eine Tageskarte sind auch ein ausgesprochenes Schnäppchen. Die meisten Sehenswürdigkeiten liegen rund um den Hafen und so können wir das Parlamentsgebäude, den grossen Park um den Beacon Hill, das Royal BC Museum, China Town und die ausgedehnte Fussgängerzone problemlos zu Fuss erreichen.
Den letzten Tag in Kanada verbringen wir weiterhin in Victoria. Unsere Fähre nach Port Angeles legt erst um 19.30 Uhr ab. Wir haben deshalb noch den ganzen Tag, den wir in der Stadt verbringen können und das erst noch bei herrlichem Wetter.
Wir fahren mit dem Wohnmobil ins Zentrum und parkieren am Meer, beim Beacon Hill. Wie üblich, in kanadischen und amerikanischen Städten, ist die Fahrt überhaupt kein Problem. Es ist hier alles auf Autos ausgerichtet. Die Strassen sind breit, die Parkfelder grosszügig auch für grössere Fahrzeuge und die meisten Verkehrsteilnehmer verhalten sich rücksichtsvoll.
Wir spazieren dem Meer entlang bis zur Fisherman’s Wharf. Der ehemalige Fischereihafen ist ein beliebtes Ausflugsziel. Zahlreiche Restaurants und Imbissbuden bieten hier ihre Köstlichkeiten, hauptsächlich aus dem Meer, an. Beliebte Fotosujets sind aber auch die bunten, schwimmenden Wohnhäuser, die an den Landungsstegen vertäut sind. Gemäss Hinweisschildern werden diese von Einheimischen als fester Wohnsitz genutzt. Darum werden die Touristen um Rücksicht gebeten.
Den Rest des Tages verbringen wir am Hafen, der Fussgängerzone um im Beacon Hill Park. Dann wird es Zeit, am Fährhafen einzuchecken. Das ist schnell erledigt und so drehen wir nochmals eine Runde durch die Einkaufsstrasse. Hier wird, obwohl es Sonntag ist, in den Läden normal gearbeitet. Selbst die Coiffeursalons haben geöffnet.
Um 18 Uhr müssen wir für die Zollabfertigung wieder am Fährterminal sein. Das geht alles problemlos. Die Pässe werden im Büro eingelesen und dann bekommen wir eine Nummer, die wir unter den Scheibenwischer klemmen müssen.
Die Überfahrt dauert etwa 90 Minuten und so ist es bereits dunkel als wir in Port Angeles ankommen. Die Nummer unter dem Scheibenwischer gibt an, in welche Reihe wir für die Befragung durch einen Zollbeamten eingewiesen werden. Es geht hier hauptsächlich um die Dauer des Aufenthaltes und das Mitführen von frischen Lebensmitteln wie Fleisch, Obst und Gemüse. Das haben wir in den letzten Tagen alles aufgebraucht. Lediglich an die 6 Eier, die wir noch im Kühlschrank haben, hatten wir nicht gedacht. Die erwähnen wir aber einfach nicht.
Die Nacht verbringen wir auf einem kleinen Parkplatz neben dem Fährhafen. Es ist zwar nicht ganz ruhig, aber für eine Nacht kein Problem.